* 23., 24., 25., 26. Mai 2024: „Ada Kaleh – Musiktheater über eine Insel, die es nicht mehr gibt“ (in Kooperation mit DieOrdnungDerDinge und dem Theater im Delphi, Berlin // gefödert aus Mitteln der Basis Förderung des Berliner Senats und der Produktionsförderung des Fonds Darstellende Künste
* Juni 2024: „Weltenwandern“ // Gastspiel bei den Musikfestspielen Saar
* September 2024: HÖHERE GEWALT // Festival in der Zitadelle Spandau // in Zusammenarbeit mit dem Stadttheater Spandau und Serinus e.V. // gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds
* November 2024: Uraufführung des Musiktheaters „immermeeeeehr“ mit dem Kinderchor der Deutschen Oper // Komposition: Gordon Kampe, Libretto: Maria Milisavljević // in der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin
Ein deutsch-polnisches Musiktheaterprojekt über das Schenken
In Kooperation mit dem Staatstheater Cottbus und dem Lubuski Teatr Zielona Góra
Gefördert aus Mitteln der Euroregion Spree-Neiße-Oder e.V.
März/April 2022
I was walking around
All around in circles.
I tried to keep my emotions with me.
I felt shame. Very painful.
So I closed my eyes
Pushed my doubt aside
And presented my gift as quickly as possible.
Ola Bednarek, eine der Teilnehmenden
Warum schenken wir? Wem schenken wir was? Und wie fühlt es sich an, beschenkt zu werden? Mit diesen Fragen starteten acht junge Leute aus Cottbus und Zielona Góra gemeinsam mit der Regisseurin Franziska Seeberg und ihrem Team in die gemeinsamen Proben. Ab November 2021 trafen sie sich regelmäßig einmal in der Woche auf Zoom zur Probe per Videokonferenz und fingen an, aus ihren Zimmern heraus miteinander zu improvisieren.
Im Februar 2022 folgten dann die ersten Begegnungen in der realen Welt. Mit dem Zug machten sich die Jugendlichen und das Team an zwei Wochenenden auf, um einander zu besuchen und sich gegenseitig ihre Städte zu zeigen. Längst hatte sich herausgestellt, dass der Fokus in diesem Projekt auf Gastfreundschaft und Begegnung liegen sollte. So hat dieses binationale Austauschprojekt seinen Kern gefunden: Die Kunst der Gabe ist eigentlich die Kunst des Sich-einander-Annäherns, des Aufeinander-hörens.
Die Uraufführung „Die Kunst der Gabe – Sztuka Obdarowywania entstand“ am Ende aus szenischen und musikalischen Improvisationen, eigenen Texten, gegenseitigen Geschenken und Dokumentation der Reisen nach Zielona Góra und Cottbus.
Von und mit: Ola Bednarek, Julia Feldman, Andre Höno, Maciej Karczewski, Austin Lee, Mary Li, Ela Likso und Anna Stryjska
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Leitung: Iñigo Giner Miranda
Ausstattung: Anna Maria Münzner
Dramaturgie: Kristina Stang, Katharina Duda
Theaterpädagogik: Leonie Arnhold (Staatstheater Cottbus), Joanna Marcinkowska (Lubuski Teatr)
Regieassistenz: Charlie Rackwitz
Produktionsleitung: Kira Hauss
Die Werte haben sich im Laufe der Jahre infolge des sozioökonomischen Wandels mehr oder weniger stark verändert. Die Gedanken ändern sich, aber eines ist unbestreitbar und dauerhaft – der Wunsch zu empfangen und beschenkt zu werden. Welche Kriterien muss das ideale Geschenk erfüllen? Gibt es eine solche Gabe überhaupt? Junge Menschen aus Polen und Deutschland haben auf der Bühne des Lubuski-Theaters in Zielona Góra eine aufschlussreiche Lektion über das Schenken erteilt und Antworten auf diese Fragen gesucht. (…) Die jugendlichen Darsteller*innen, die auf der Bühne standen, zogen einen völlig in ihren Bann. Ihre Energie vermittelte dem Publikum das Gefühl von Glück und Verbundenheit. Auf der Bühne des Lubuski-Theaters passierte etwas Erstaunliches: Man sah eine tiefe Emotionalität, die sich unmittelbar auf das Publikum übertrug und zugleich die Einheit eines jugendlichen Schauspieler*innen-Ensembles. Und so wurde die Aufführung neben ihrer künstlerischen Qualität zu einem Austauschprojekt, das Länder- und Generationengrenzen überwand. Alle, die für dieses bewegende und kluge Projekt verantwortlich sind, verdienen einen Applaus. Am Ende wurde deutlich: Das perfekte Geschenk war dasjenige, das in den Herzen und Erinnerungen des Schenkenden und des Beschenkten erhalten blieb.
(Natalia Sztegner-Jaskulska Dziennik, Teatralny Zielona Góra
April 2022)
Eine musikalische Erkundung mit allen Sinnen
Naturschutzstation Hahneberg
August/September 2021
Das partizipative Musiktheaterstück begibt sich in das Naturschutzgebiet rund um den Hahneberg am Rande Berlins – da wo Stadt und Natur aufeinander treffen. 2 Performer durchstreifen gemeinsam mit den Kindern das Areal und sammeln die Geräusche der Natur. Dafür werden mit einem für die Produktion entwickelten Sensor-Instrument die Farben der unterschiedlichen Oberflächen abgetastet und klanglich wider gegeben. Wie klingt ein Pilz? Eine Baumrinde? Oder ein Tannenzapfen? Es entsteht eine Komposition aus Naturgeräuschen, live entwickelten Samples und Gesang.
HINTERM HAHNEBERG stellt die Frage, wie der Mensch sich, jenseits aller Hierarchien, in ein neues Verhältnis zur Natur setzen kann. Die Komposition lässt Tiere, Pflanzen, Elemente und Menschen erklingen und verdeutlicht, dass wir letztlich alle aus dem gleichen Stoff sind.
Filmdokumentation zu dem Stück
Mit Iñigo Giner Miranda und Armin Wieser
Regie: Franziska Seeberg
Komposition: Norbert Lang
Text, Dramaturgie: Lisa Vera Schwabe
Aussattung: Judith Philipp
Produktionsleitung: Julia Schreiner
Foto- und Videodokumentation: Manuel Kinzer/Filmgestalten
Regieassistenz: Anne Bickert
Ausstattungsassistenz: Belinda Masur
Technische Assistenz: Sophie Blomen
Gefördert aus Mitteln der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR #TakeAction
In Kooperation mit der Naturschutzstation Hahneberg und dem Landschaftspflegeverband Spandau e.V
Deutsche Oper Berlin, 2020
© Stephan Boeg
Expedition TIRILI ist eine Musiktheater-Produktion für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren. Zwei Darstellerinnen besuchen die Kinder in ihren Kitas und erforschen auf performative Weise, wie Klänge entstehen und aus was Musik besteht. Mit elektronischem Equipment tasten sie den Raum nach seinen klanglichen Qualitäten ab und entwickeln aus den gesammelten Tönen und Geräuschen eine Live-Komposition.
Im Vorfeld der Proben wurde über mehrere Wochen hinweg mit Kindern an verschiedenen Klangexperimenten gearbeitet und Forschungsfragen zu musikalischen Vorgängen entwickelt. Die mit den Kindern gesammelten Eindrücke flossen in die Bühnenproduktion ein.
Expedition TIRILI is a music theatre production for children between 3 and 6 years. Two performers visit the children in their day-care centres and explore performatively how sounds are created and what music is made of. Using electronic equipment, they scan the room for its tonal qualities and develop a live composition from the collected sounds and noises.
In the run-up to the rehearsals, we worked with children over several weeks on various sound experiments and developed research questions on musical processes. This impressions were incorporated into the stage production.
Eine Kooperation von Deutsch Oper Berlin und TUKI Forschertheater
Weitere Spieltermine: Deutsche Oper – Expedition TIRILI
Mit Cathrin Romeis und Pauline Jacob
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Beratung: Thomas Prestin
Ausstattung: Janina Janke
Dramaturgie: Lars Gebhardt
Fotos: Stephan Boeg
(…) Das Klangexperiment auf das im Stück alles zuläuft, ist das Herstellen von Gewittergeräuschen. Die Darstellerinnen haben ein Blech mitgebracht, mit dem sie Donner imitieren können und mit Perlen gefüllte Luftballons für den Regen. Die Geräusche werden nacheinander aufgenommen und dann gleichzeitig abgespielt.
Ich mache etwas und ich kann es im nächsten Moment in einem formalen Zusammenhang noch mal betrachten. Das ist, wenn man so will, ein künstlerischer Prozess, der im Theater, aber auch in anderen Künsten immer wieder stattfindet.
Die Expedition regt zum Spielen mit Klängen an, aber auch zum genauen Hinhören. Für die Deutsche Oper ist das Nachwuchsarbeit. Und nicht nur das – zwei Ohren, die sensibilisiert sind, helfen beim Opern-Hören aber auch sonst im Alltag; beim sich gegenseitig Zuhören und bei der Freude Musik wahrzunehmen.
(RBB Kulturradio, 21.01.2020)
Eine polnisch-deutsche Recherche zur Diplomatie des Schenkens
Berlin / Warschau / Wrocław, Dezember 2018
Mit freundlicher Unterstützung der Auswärtigen Ämter in Berlin und Warschau
In Kooperation mit dem Polnischen Institut Berlin, dem Stadtmuseum Berlin, der jtw Spandau und der BWA Galerie Wrocław
Das Projekt beschäftigte sich mit Geschenken, die im Rahmen des diplomatischen Austauschs zwischen Polen und Deutschland gemacht wurden: Welche Präsente wechselten zwischen den beiden Ländern die Seiten? Wie und zu welchem Anlass wurden sie von wem übergeben und inwieweit spiegelt sich das wechselhafte polnisch-deutsche Verhältnis in den Geschenken wider?
Im Rahmen unserer Recherche blickten wir auf beide Seiten des Gabentisches: wir besuchten die Protokoll-Abteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin und das polnische Äquivalent im Außenministerium in Warschau. Aus unseren Recherchen entstand eine Sammlung, die in Bildern, Video- und Interviewaufnahmen einen Teil der polnisch-deutschen Geschichte zur Diplomatie des Schenkens dokumentiert.
Aus den Materialien entstand eine Lecture Performance, die in Berlin und Wrocław aufführt wurde.
The project dealt with the principle of giving as part of the diplomatic exchange between Poland and Germany: which presents changed the sides between the two countries? How and on what occasion were they given? And to what extent is the changeable Polish-German relationship reflected in the gifts? As part of our research, we looked at both sides of the gift table: we visited the divisions of protocol of the Ministry of Foreign Affairs in Berlin and the Polish equivalent in Warsaw. Our research resulted in a collection that documented in pictures, video and interview recordings a part of the Polish-German history of the diplomacy of giving. From the materials a lecture performance was created, which was performed in Berlin and Wrocław.
Künstlerische Leitung: Franziska Seeberg
Von und mit: Franziska Seeberg (Berlin), Agnieszka Cwielag (Wrocław) und Julie Rüter (Berlin)
Fotos: Patryk Witt (Berlin), Tobiasz Papuczys (Wrocław)
Gefördert aus Mitteln des Fonds Darstellende Künste und des Senats für Kultur und Europa Berlin
Hamburg, Oktober 2018
Produktion für das Junge Schauspielhaus Hamburg in Kooperation mit dem NEW HAMBURG Festival
Die Veddel ist eine Hamburger Elbinsel mit knapp 5000 Bewohner*innen aus über 60 Nationen. Sie ist zwei S-Bahnstationen vom Hauptbahnhof entfernt und wird doch wenig vom Rest der Stadt wahrgenommen. Zurzeit ist die Veddel der ärmste Stadtteil der Hansestadt, viele Bewohner*innen sind auf Transferleistungen angewiesen. Diskriminierung und Ausschlüsse aufgrund von Herkunft und Papieren oder finanziellem und damit sozialem Status gehören zu den täglichen Erfahrungen etlicher Bewohner*innen, seien sie geflüchtet, hier geboren oder zugezogen.
Im Rahmen des Theaterprojektes kreierten wir gemeinsam mit Mädchen unterschiedlicher Alterstufen und Herkünfte einen Ort der Solidarität. Ausgangspunkt hierfür war der Raum der Immanuelkirche Veddel – unter der Anleitung des Künstlerduos BALTIC RAW verwandelte sich das Kirchenschiff im sprichwörtlichen Sinne in ein Schiff – mit ihm begaben wir uns auf die Reise: Wir lichteten den Anker, ließen die Leinen los, hissten die Segel und stachen in See.
Ausgehend von der Idee einer Reise mit dem Schiff, erschufen wir mit den Mädchen einen Raum, in dem ihre eigenen Gesetze herrschten: Wir fragten danach, was man für eine solidarische Gemeinschaft benötigt, was man auf die Reise mitnehmen möchte und was man über Bord werfen will. Anhand der gemeinsamen Auseinandersetzung zu diesen Fragen, entwickelten die Mädchen ihre Regeln, Gebräuche und Riten. Den Abschluss des Projektes bildete eine Performance bei der am Ende das Publikum zu einem Captains dinner eingeladen wurde.
Künstlerische Leitung: Franziska Seeberg
Dramaturgie: Nicole Dietz
Schiffsbau: BALTIC RAW
Video: Kathrin Dworatzek
Fotos: Christian Bartsch, Franziska Seeberg
oder
Heimat ist wie eine Lasagne
Audiowalk im Rahmen des Festivals „Verlorene Illusionen“, Berlin/Spandau, September 2018
Das Falkenhagener Feld, ein Ortsteil Spandaus, vereint die unterschiedlichsten Lebensrealitäten in sich: Alteingesessene Berliner Gemeindestrukturen treffen hier auf russische, ghanaische oder afghanische Communities. Welche Ideen von Heimat kann man hier antreffen? Was verbinden die Menschen, die hier wohnen, mit dem Lebensraum, der sie umgibt? Und welche Plätze und Orte mögen sie hier besonders gerne – wo fühlen sie sich also beheimatet? Aus den Stimmen der Anwohner*innen entsteht ein vielstimmiger Chor, der von den vielen Heimaten erzählt, die nun zu unserer Heimat geworden sind. Der Audiowalk lädt zu einem Spaziergang durch das Spektefeld ein, einem Erholungs- und Freizeitpark inmitten der Wohnanlagen des Falkenhagener Felds.
(…) „Heimat“ – das ist in Franziska Seebergs Audiowalk Vieles: Sprache, Familie, die eigene kulturelle Identität oder einfach nur der Ort an dem man geliebt wird. (…) Neben vielen positiven Heimatbegriffen lässt Franziska Seeberg in ihrem Audiowalk auch kritische Menschen zu Wort kommen; jene, denen der Begriff „Heimat“ zu völkisch ist oder die ihn sogar ganz ablehnen, weil sie sich mit dem Staat nicht identifizieren. Auffällig ist, kaum jemand verbindet „Heimat“ mit dem Kiez vor der eigenen Tür. (…) Es sind widersprüchliche Geschichten, die sie in ihrem Audiowalk versammelt. Keine lauten Statements, sondern Lebensgeschichten, die recht nüchtern erzählt werden. „Heimat“, das ist hier nichts, was man idealisiert oder als Parole hinaus brüllt.
(Kulturradio vom rbb, 15.9.2018)
„Heimat ist, wo ich gemocht werde“, sagt eine weibliche Stimme, der eigene Blick schweift dabei über einen See. Spandau, Falkenhagener Feld. Um den großen Spektesee gehen Menschen spazieren, fahren Fahrrad, eine Familie picknickt. Ein Spaziergang durch ein Naherholungsbiet. Im Ohr dabei vierzehn Menschen aus Spandau, die erzählen, was für sie Heimat bedeutet. Kommt mir vielleicht einer von ihnen gerade entgegen? Die Regisseurin Franziska Seeberg hat den Audiowalk „Heimatmuseum“ für das Theaterfestival „Verlorene Illusionen“ der Jugendtheaterwerkstatt (jtw) in Spandau konzipiert. Der Name ist angelehnt an einen Versprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer, doch es steckt Fragen dahinter: Für wen ist Heimat positiv besetzt und wer lehnt den Begriff ab? Welche Grundannahmen sollten aufgrund von gesellschaftlichem Wandel neu gedacht werden? (…)
(taz, 19.9.2018)
Berlin, November 2017
In Zusammenarbeit mit dem DAZ (Deutsches Architekturzentrum), raumlaborberlin und der Nürtingen Schule
Mit Hilfe verschiedener choreografischer und künstlerischer Körperpraktiken entwickelten wir gemeinsam mit Schüler*innen der Nürtingen Schule Methoden, das städtische Umfeld auf neue Weise zu vermessen und zu erforschen. Dabei stand der Körper des Einzelnen im Zentrum der Auseinandersetzung: Mit seinen Möglichkeiten sollte die Wahrnehmung für das unmittelbare Umfeld und für das scheinbar Vertraute sensibilisiert werden – wobei das Wissen der Kinder über den sie umgebenden Stadtraum hierbei von besonderer Bedeutung war: Inwieweit eröffnete ihre spezifische (kindliche) Sichtweise eine neue und ungewohnte Perspektive auf die Stadt?
Die so im Laufe des Projektzeitraums entstandenen choreografischen Module wurden für die abschließende Performance in einen Parcours zusammengeführt. Erwachsene Besucher übergaben sich der Leitung der Kinder, die sie an „ihre“ Orte führten um sie dort zu choreografischen Interventionen einzuladen.
Am Ende wurden die Forschungsergebnisse in eine Karte übertragen, die die Aktionen der Kinder im Stadtraum illustrierte – eine Art choreografische Kartographierung der Stadt. (Beispiele siehe weiter unten)
With the help of various choreographic and artistic body practices, together with pupils from the Nürtingen School, we developed methods for measuring and exploring the urban environment in a new way.
In the end the choreographic modules were merged into a course: The children assumed the leadership and took the adult audience to „their“ places to invite them to choreographic interventions. Finally the research results were transferred to a map that illustrated the performative actions of the children in the urban space – a kind of choreographic mapping of the city. (examples see below)
Künstelrische Leitung: Sabine Zahn und Franziska Seeberg
Künstelrische Mitarbeit und Assistenz: Oana Cirpanu
Produktionsleitung: Cora Hegewald
Illustartionen / Grafische Umsetzung: Lukas Hamilcaro
Gefördert aus Mitteln des Fonds Kulturelle Bildung.
Einige der Illustrationen von Lukas Hamilcaro:
Seoul, Juli 2017
Im Rahmen des Recherche-Stipendiums, das ich vom Goethe Institut erhielt, begab ich mich gemeinsam mit meiner Kollegin Soo eunLee auf eine einmonatige Recherchereise nach Südkorea, die uns in die Städte Seoul und Gwangju führte.
Im Zuge unserer Recherche wollten wir in erster Linie die Tradition des koreanischen Pansori-Gesangs erkunden und in diesem Zusammenhang Protagonist*innen dieser Kunstform interviewen und kennenlernen. Ein weiterer Aspekt unserer Arbeit war unsere Auseinandersetzung mit unseren jeweiligen musikalischen Biografien. Ausgehend von Musikstücken, die für uns in verschiedenen Lebensphasen von Bedeutung waren, begaben wir uns in einen erzählerisch-musikalischen Dialog und erforschten, inwieweit unsere musikalischen Prägungen etwas über unsere jeweiligen kulturellen Hintergründe erzählten und inwieweit es möglich ist, jenseits der kulturellen Unterschiede musikalische Zusammenhänge instinktiv zu verstehen.
Während des Aufenthaltes trafen wir Künstler*innen aus unterschiedlichen Bereichen: Sänger*innen, Percussionist*innen, einen Sounddesigner, einen Komponisten und eine Regisseurin.
Mit Kim Sung Whan, Sounddesigner, Komponist und Sammler von Fieldrecordings, starteten wir zudem eine musikalische Kollaboration. Kim verarbeitete Fieldrecordings, die ich zuvor in Seoul gemacht hatte, zu Kompositionen. Die Klänge durch die sich „mein“ Seoul vermittelte, erfuhren durch seine Komposition eine Neuinterpretation. Auch mit dem Pansori-Sänger Iyo Ahn begaben wir uns in einen künstlerischen Dialog: Wir sandten ihm Texte, die Begebenheiten aus unserem Leben beschrieben, zu. Dieses biografische Material nahm er wiederum zum Ausgangspunkt, um daraus zwei Pansori-Stücke zu kreieren. Der dritte Musiker, mit dem wir zusammenarbeiteten, war der Percussionist Sangjin Hong. Er sollte bei der abschließenden Performance live mit seiner Trommel zu der Komposition von Kim Sung Whan improvisieren.
Zum Schluss entstand eine Performance, die sich aus autobiografischen und musikalischen Versatzstücken zusammensetze – anhand der persönlichen Erinnerungen und Assoziationen zu einzelnen Musikstücken entstand eine Refelxion über die kulturelle Identität jedes einzelnen von uns.
Performance von und mit: Soo eunLee, Franziska Seeberg, Kim Sung Whan (Komposition), Iyo Ahn (Komposition und Gesang) und Sangjin Hong (Percussion)
Interviews mit: Kim Sung Whan, Iyo Ahn, Sangjin Hong, Hojun Hwang, Inwoo Nam, Heemoon Lee, Eunhee Jung und Sori Choi
Gefördert durch das Recherche-Stipendium des Goethe Instituts
Rechercheprojekt für Hörspiel- und Theaterproduktion, Rumänien 2016/2017
In Zusammenarbeit mit Norbert Lang
Gefördert durch das Arbeits- und Recherchestipendium des Senats – kulturelle Angelegenheiten Berlin und das Grenzgängerstipendium der Robert Bosch Stiftung
Im Jahr 1964 beschlossen die Regierungen Rumäniens und Jugoslawiens den Bau des in der Donau liegenden Staudammes „Eisernes Tor I“. Um das gigantische Bauprojekt realisieren zu können, musste der vorangehende Flussabschnitt um 40 Meter aufgestaut werden. Genau hier lag Ada Kaleh, eine Insel inmitten der Donau, die nur einige Meter über den Wasserspiegel ragte. Die Insel war bewohnt und so begann 1968 der Rückbau der Gebäude, die sich auf ihr befanden. Nach und nach mussten die Bewohner auf Geheiß der Rumänischen Regierung Ada Kaleh verlassen. 1970 wurde die Insel schließlich geflutet. Innerhalb eines Tages verschwand sie in den Wogen der Donau.
Der Name „Ada Kaleh“ stammt aus dem Osmanischen und bedeutet „Inselfestung“. Weil sich über die Jahrhunderte hinweg die Grenze zwischen dem Osmanischen und dem Habsburgerreich immer wieder über die Insel hinweg verschob, änderte diese genauso häufig ihren Namen und ihre Topologie. Im 17. Jahrhundert, nach zahlreichen Eroberungen und Rückeroberungen, kehrte auf der Insel Ruhe ein – Piraten aus dem zerfallenen Osmanischen Reich fanden zwischen den Mauern der Festung Zuflucht. Als dann 1878 der Vertrag von Berlin unterzeichnet wurde, der auf dem Balkan neue Grenzverhältnisse schuf, wurde die kleine Insel schlichtweg vergessen und blieb seither im Besitz des osmanischen Sultans: eine „Insel des Islam“ im „Strome des Christentums“ (Egon Erwin Kisch).
Als 1923 Ada Kaleh schließlich Rumänien zufiel wurde die Insel zur Attraktion. Kurgäste kamen auf diesen Vorposten der Ferne, um „Orient zu schauen“. Es gab inseleigene Zigarren und Zigaretten, türkische Süßspeisen, Feigen und Aprikosen zu kaufen, man trank türkischen Kaffee oder ließ sich von den Inselbewohnern die Festungsanlage zeigen. Nach der Gründung der Sozialistischen Republik Rumänien wurde das Land zunehmend selbst zu einer Insel und Ada Kaleh zum streng kontrollierten Grenzgebiet: Aus Angst, Besucher könnten von der Insel aus die Donau überqueren und über Jugoslawien in den Westen fliehen, wurden Übernachtungen für Ortsfremde auf der Insel verboten.
Aber auch als sie bereits untergegangen war, blieb Ada Kaleh ein Ort des Übergangs: Insbesondere seit den 1970er und 1980er Jahren brachen an den Donauufern zahllose Menschen zur Flucht in den Westen auf. Hunderte Flüchtlinge überquerten die Donau schwimmend, in Booten oder auf Luftmatratzen. Viele Menschen ertranken oder wurden von den Grenzsoldaten am Ufer verscharrt. Und auch heute bleibt dieser Donauabschnitt eine politisch sensible Zone – sie liegt direkt an der EU-Außengrenze zu Serbien und wird von der Grenzpolizei streng bewacht.
Wir bereisten die Donauregion in der einst Ada Kaleh lag und wo sich heute das Kraftwerk „Eisernes Tor“ befindet. Wir besuchten Orșowa, eine Stadt auf dem Festland, die Ada Kaleh am nächsten war. Wir sahen die Insel Șimian auf der die Festungsmauern Ada Kalehs wieder aufgebaut wurden. Wir fuhren mit dem Auto an felsige Uferlandschaften entlang und blickten dabei auf die Donau. Wir dachten an Science-Fiction-Filme der 1960er Jahre als wir durch die Gänge und Schleusen des Eisernen Tors liefen. Wir reisten ans Schwarze Meer nach Constanța und betrachteten den Gebetsteppich der früher in der Moschee von Ada Kaleh lag. Und wir führten mit unseren Interviewpartnern lange Gespräche bei denen wir Unmengen regionaler Süßigkeiten aßen und reichlich Schnaps und türkischen Kaffee tranken. Wir sprachen mit mehreren ehemaligen Inselbewohnern, einem pensionierten Kapitän der österreichischen Donaudampfschifffahrtsgesellschaft und der ortsansässigen Grenzpolizei. Sie alle schufen mit ihren Erinnerungen und Erzählungen ein lebendiges Bild Ada Kalehs.
Josef Cervenka, ehemaliger Kapitän der österreichischen Dampfschifffahrtsgesellschaft // Orșowa an der Donau, einstiger Nachbarort von Ada Kaleh
Ahmet Engür, ehemaliger Bewohner Ada Kalehs // Șimian, die Nachbarinsel auf der die Festungsmauern Ada Kalehs wieder aufgebaut wurden
Vildan, ehemalige Bewohnerin Ada Kalehs // Moschee von Constanța, in der heute der Teppich von Ada Kaleh liegt
Omer Kadri, ehemaliger Bewohner Ada Kalehs // das virtuelle Ada Kaleh, von ihm am Computer nachgebaut
Hebbel am Ufer, Januar 2017
Im Rahmen des Festivals „Utopische Realitäten – 100 Jahre Gegenwart mit Alexandra Kollontai“
Sechs Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel. Keiner weiß, ob sie jemals in die Zivilisation zurückkehren werden. Welche Strategien müssen sie entwickeln, um das gemeinsame Überleben zu sichern? Und was braucht es, um als Gemeinschaft zu funktionieren?
In Anlehnung an Thomas Morus` „Utopia“ erschaffen sechs Jungen ihr eigens Inselreich: sie machen das Eiland zu ihrem Lebensraum, schaffen Regeln für ihr Zusammenleben und suchen nach Lösungen um mit dem Dasein in der Wildnis fertig zu werden. „Beginner“ erzählt von dem Neuanfang nach dem Schiffbruch: Womit beginnt man, wenn noch nichts da ist und alles möglich zu sein scheint? Und welche Fragen bekommen fernab der Zivilisation plötzlich existenzielle Bedeutung? Die Zuschauer werden selbst zu Gestrandeten und landen in einem neuen Utopia.
Six castaways on a lonely island. No one knows if they will ever return to civilization. What strategies do you need to develop to ensure the common survival? And what does it need to function as a community?
Following Thomas Morus‘ „Utopia“, six boys create their own island kingdom: they make the island their habitat, create rules for their cohabitation and seek solutions to cope with the existence in the wilderness. „Beginner“ tells of the new beginning after the shipwreck: What do you do when nothing is there and everything seems to be possible? And which questions, far away from civilization, suddenly have existential significance? The audience itself become stranded and end up in a new utopia.
Von und mit Schülern der Klasse 9A der Hector-Peterson-Schule
Künstlerische Leitung: Franziska Seeberg
Bühnenbild: Janina Janke
Leitung Houseclub: Ciprian Marinescu
Assistenz: Franka Müller und Lidia Veljanova
Hebbel am Ufer/HAU3, März 2016
Im Rahmen des Festivals „Arbeit Liebe Geld“
‚Homo ludens‘ versus ‚homo faber‘: Wo befinden sich die Schnittstellen, an denen sich beide Lebensrealitäten überschneiden und ineinander greifen? Unter dem Titel “Arbeit und Spiel” setzen sich die Schüler*innen der Hector-Peterson-Schule im Rahmen des Festivals „Arbeit Liebe Geld“ am HAU künstlerisch mit diesen Themen auseinander und entwickeln ein autobiografisch-dokumentarisches Theater-Projekt.
Im Rahmen der Produktion lernen die zehn Schüler*innen verschiedene Berufe kennen, befragen ihr Umfeld nach dessen Arbeitserfahrungen und blicken in die eigene Zukunft. Auf welche Arbeitswelt werden die Jugendlichen stoßen, wenn sie die Schule beenden? Welche Wünsche und Träume verbinden sie damit? Und wo steckt das spielerische Potenzial in den Arbeitsrealitäten, denen sie im Laufe ihrer Recherche begegnen?
‚Homo ludens‘ versus ‚homo faber‘: Where are the interfaces where both realities of life intersect and interlock? Under the title „Arbeit und Spiel“ („work and play“) in the framework of the HAU festival “work love money”, pupils of the Hector-Peterson School artistically deal with these issues and develop an autobiographical-documentary theater project. As part of the production, the ten pupils get to know different professions, ask their interview partners about their work experience and look into their own future. What world of work will the teens encounter when they finish school? Which wishes and dreams do they associate with it? And where is the playful potential in the work realities that they encounter in the course of their research?
von und mit: Leyla El-Jindawi, Marcel Kath, Sherin El-Touki, Abdellatif Assaf, Amani Fadwa Koussa, Mustafa Eren Özdilberler, Hilal Kaya, Lena Fares, Medine Atik, Rabia Rüdiger
Künstlerische Leitung: Franziska Seeberg
Video, Bühnen- und Kostümbild: Janina Janke
Projektleitung HAU: Chiara Poma Rinklef
Assistenz: Laia Ribera
Projektleitung Schule: Benita Bandow
Das Festival „Arbeit Liebe Geld – 5 Jahre Houseclub“ ist gefördert aus Mitteln des Projektfonds Kulturelle Bildung
Fotos der Exkursionen von den Schüler*innen:
Stiftung Warentest
Artistenschule
Polizei
Kosmetikschule
Deutscher Krebskongress
Fotos der Aufführung:
Hebbel am Ufer / HAU 1, Juni 2015
Im Rahmen des Festivals „The Power of Powerlessness“
Für “Inventar der Ohnmacht” kommen im HAU Hebbel am Ufer Dutzende Teilnehmer unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft aus Berlin zusammen, um ihre Erfahrungen von Machtlosigkeit und ihr Wissen darüber zu bündeln. Die verschiedenen individuellen und oft sehr persönlichen Erlebnisse werden in einer kollektiven Situation mit dem Publikum geteilt und erkundet. Die daraus entstehenden Diskussionen und Impulse hinterfragen die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die unser Leben bestimmen.
For „Inventory of Powerlessness“ dozens of participants of different ages and backgrounds from Berlin come together to pool their experiences of powerlessness and their knowledge of it. The various individual and often very personal experiences are shared and explored in a collective situation with the audience. The resulting discussions and impulses question the social, political and economic structures that shape our lives.
Konzept: Edit Kaldor
Realisation: Franziska Seeberg, Arved Schultze, Christiane Kühl, Nenad Čupić
Mit: Annekathrin Bach, Lisa Benjes, Sonia Dimitrow, Richard Djif, Ingo Gentes, Fränk Heller, Heide Höppner, Solène Jimenez, Verena Kammerer, Silja Korn, Pauline Krekeler, Peggy Luck, Catharina Mäge, Mathilde, Oleg Myrzak, Yukiko Nagakura, Alexander Nagel, Katharina Rösch, Peguy Rodrigije, Rita Stelling, Abdi Toufali, Elsa Triquet, Udo Wiegand und Alper Yildiz
(…) Die Realisierung vor Ort besorgen Franziska Seeberg, Arved Schutze und andere. Dutzende Teilnehmer kommen zusammen, um über ihre persönlichen Erlebnisse zu berichten. Nicht als Therapieangebot. Sondern, um Wissen zu bündeln und mehr zu lernen über die Strukturen der Machtlosigkeit. Statt die Erzählungen nach Schubladen zu sortieren – hier Familienangelegenheiten, dort Diskriminierung – gehe es darum, Verbindungen herzustellen zwischen den individuellen Erfahrungen. Klar steht hinter diesem „Inventar der Ohnmacht“ ein politischer Gedanke. Zum einen wollen die Künstler den „arroganten Blick“ brechen auf die vermeintlich Hilflosen, die es zu bedauern gelte. Zum anderen sehen sie zunehmend die sozialen Netze reißen, die gesellschaftlichen Gräben sich vergrößern. Die Idee, dass jeder Gewinner sein könne, werde dominanter.
(Tagesspiegel, 9.6.2015)
Die Versuchsanordnung des interaktiven Projekts: Eingeladene Personen oder Leute aus dem Publikum berichten von ihren eigenen Ohnmachtserfahrungen. Diese werden gesammelt, mitgeschrieben und in Schlagworten oder Kurzbeschreibungen an die Wand projiziert (“im Stasi-Knast sitzen“, „eine Fehlgeburt haben“, „in einer Psychose gefangen sein“). Man kann die Berichte miteinander verknüpfen lassen oder Hashtags wie bei Twitter setzen. Bei den Performances entstand so eine Art Sternbild der Ohnmachtserfahrungen.
Zuschauer berichten von Trennungen, von abgelehnten Asylanträgen, von Ängsten, Krankheiten, Missbrauchserfahrungen. Diverse Erfahrungen der Machtlosigkeit standen so nebeneinander. Dieses hierarchiefreie Nebeneinander der Oral History – oder Oral Present – stellte sicher auch ein Problem der Abende dar: Manchmal hätte man gern viel mehr über die Geschichten gewusst als eine verkürzte Darstellung in zwei, drei Minuten. Hier aber konnte man Foucaults weite Lesart von Macht durchaus zugrunde legen – Macht wäre demnach nicht per se schlecht, Macht und Ohnmacht fluktuierende Phänomene in einem Feld, das immer neu geschrieben wird.
(taz, 9.6.2015)
Theater an der Parkaue, Mai 2015
„Wenn man das so sieht was gerade in Ost und Nahost passiert und jetzt auch mit den Flüchtlingen – dagegen geht es uns hier in Deutschland ja gold. Wir leben in einem Goldland.“
Menschen zweier Generationen treffen aufeinander. Jugendliche interviewen Zeitzeugen, die zwischen 1922 und 1938 geboren wurden und fragen nach deren Kindheit und Jugend im Zweiten Weltkrieg.
In den Gesprächen werden die Lebenswege und Schicksale der einstigen Kriegskinder nachgezeichnet. Zugleich gewähren die biografischen Erzählungen einen persönlichen Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus und des Krieges. Das Theaterprojekt GOLD LAND handelt von dieser Begegnung. Wir sehen Menschen zweier Generationen, die miteinander ins Gespräch kommen und sich einander annähern. Das Stück stellt die Frage, wie wir über Erlebnisse und Erfahrungen kommunizieren, die manchmal nicht in Worte zu fassen sind. Und wie der Erinnerungsprozess ein Teil dieser kommunikativen Erfahrung werden kann.
Two generations come together: Young people interview contemporary witnesses of the Second World War who were born between 1922 and 1938 and ask them about their childhood and youth. In the interviews, the lifelines of the former war children are traced. At the same time, the biographical narratives provide a personal view on the era of National Socialism and the war. The theater project GOLDLAND is about this encounter. We see people of two generations talking to each other and approaching each other. The piece asks how we communicate about experiences that sometimes can not be put into words. And how the memory process can become part of this communicative experience.
Regie: Franziska Seeberg
Ausstattung: Judith Philipp
Dramaturgie: Karola Marsch
Von und mit: Saskia von Brockdorff, Karen Ehrlich, Rahel Mann, Klaus Peschke, Klaus Riemer, Walter Sylter und SchülerInnen der Anne-Frank-Oberschule
Eine Kooperation des Anne Frank Zentrum Berlin, des Theater an der Parkaue und der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Gefördert aus Mitteln des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung.
Ein Theaterprojekt basierend auf Zeitzeugenberichten
Ballhaus Ost/Volkspark Prenzlauerberg, 2014
Elf Menschen und ihre Erzählungen über den Zweiten Weltkrieg sind Ausgangspunkt für dieses Theaterprojekt. Die einzelnen Geschichten der Menschen gewähren einen individuellen und zugleich facettenreichen Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Sie vermitteln ein Bild der damals vorherrschenden Moralvorstellungen und spiegeln ein Denken wider, das aus heutiger Sicht zwar häufig schwer nachvollziehbar erscheint aber dennoch weit in unser Leben hineinreicht.
Aufführungsort des Theaterstücks ist der Trümmerberg Volkspark Prenzlauer Berg. Hier lud man nach der Zerstörung Berlins 1945 die Reste des Alexanderplatzes ab. Dieser historisch aufgeladene Ort wird zum Schauplatz der Intervention – und so macht sich jeder Zuschauer einzeln in Begleitung eines Schauspielers auf den Weg und hört eine Geschichte.
Eleven people and their stories about the Second World War are the starting point for this theater project. The stories of the people provide an individual and at the same time multifaceted insight into the time of the Second World War. They convey a picture of the prevailing morals at that time and reflect a kind of thinking that, from today’s point of view, often seems difficult to comprehend, yet reaches far into our lives.
The performance of the play is the rubble mountain Volkspark Prenzlauer Berg. Here, after the destruction of Berlin, the remains of Alexanderplatz were unloaded in 1945. This historically charged place becomes the scene of the intervention – and so each spectator takes to the road individually, accompanied by an actor, and hears a story.
Mit Christoph Glaubacker, Julian Hackenberg, Anne Haug, Kai Meyer, Cathrin Romeis, Lisa Scheibner, Melanie Schmidli, Florian Simon, Urs Stämpfli, Fabian Stumm, Mariel Jana Supka und Marco Wittorf
Künstlerische Leitung: Sonya Schönberger
Dramaturgie: Franziska Seeberg
Produktion: Johanna Malchow
Assistenz: Anna Berndt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Heike Diehm, k3 berlin
In Kooperation mit dem Ballhaus Ost. Gefördert durch Mittel des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Sentaskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten.
(…) Zahlreiche Zweierpärchen stapfen durch den Park. Sie werden beobachtet von Obdachlosen, die im Park einen Rückzugsraum gefunden haben. Sie kreuzen die Wege von Joggern, die über die grasüberwachsenen Trümmerscherben federn.
Die Geschichten, die die Zuschauer hören, verbinden sich auf subtile Art mit dem unmittelbaren Umfeld. Wenn von der Flucht des jüdischen Teenagers Richard aus dem von den Deutschen besetzten Polen nach Ungarn berichtet wird und man sich auf kleinen Pfaden durch das Dickicht schlägt, fühlt man sich für einen Moment sinnlich und körperlich in die Fluchtsituation versetzt. Steigt man im Park Treppen und erfährt dabei vom Erschlagen zweier jüdischer Frauen, die von einem SS-Kommando ein Treppenhaus hinunter gejagt wurden, dann steht vor dem inneren Auge auf jeder Treppenstufe hier im Park ein schwarz Uniformierter, und man meint, die Schläge auf dem eigenen Rücken zu verspüren. Steht man auf dem Gipfel des Trümmerbergs, dann verschmilzt der sichtbare Horizont mit den Fluchtzielen Syrien und Palästina oder den Pyrenäen, die vor der Abfahrt nach Amerika lagen.
(…) Am Ende, zurückgekehrt zum Ausgangsort, kann man sich dann mit anderen Zuschauern über die Biografien, in die sie getaucht sind, austauschen. Ein wenig Enttäuschung bleibt freilich auch zurück, weil man eben nie alles erfahren kann, was parallel erzählt wurde. Gleichzeitig wird aber wieder deutlich, wie klein die Tropfen unseres Wissens aus dem Meer der Erfahrungen der Menschen, die vorher über diesen Erdball tappten, doch ist. Ein Spaziergang, der Empathie und Demut produziert; das sind durchaus keine schlechten Effekte.
(Neues Deutschland, 9.9.14)
* ein Willkommensgruß
Berlin, 2014
Im Sommer 2013 eröffnete eine neue Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße in Berlin-Hellersdorf. Die Flüchtlinge wurden von den Anwohnern mit gemischten Gefühlen empfangen. Manche Hellersdorfer fühlten sich von der Entscheidung für den Standort der Unterkunft überfordert oder bedroht und reagierten mit Ablehnung bis hinzu Fremdenfeindlichkeit. Andere solidarisierten sich mit den Neuankömmlingen und zeigten Gastfreundschaft auf vielfältige Art und Weise.
Das Projekt „Gästezimmer“ knüpfte an diese sensible Situation an und erforschte gemeinsam mit SchülerInnen im Alter von 10-11 Jahren, was Gastfreundschaft hierzulande und im Kontext anderer Kulturen bedeutet. Dazu wurde ein Gästezimmer gebaut und eingerichtet. Das Projekt setzte sich mit der Frage auseinander, wie wir unser Zusammenleben mit den Flüchtlingen gestalten und wie wir dabei unser Verständnis von Gastfreundschaft im Privaten auf die allgemein-gesellschaftliche Ebene der Flüchtlingspolitik übertragen wollen.
In the summer of 2013, a new refugee camp was opened in the Carola-Neher-Street in Berlin-Hellersdorf. The refugees were received by the local residents with mixed feelings. Some Hellersdorfer felt overwhelmed or threatened by the decision for the location of the accommodation and responded with rejection or xenophobia. Others expressed their solidarity with the newcomers and showed hospitality in a variety of ways. The project „guest room“ took up this sensitive situation and, together with pupils aged 10-11, researched what hospitality means in this country and in the context of other cultures. For this purpose, a guest room was built and furnished. The project dealt with the question of how we shape our coexistence with the refugees and how we want to transfer our understanding of hospitality in the private sphere to the general social level of refugee policy.
Von und mit SchülerInnen der Klasse 5a des Melanchthon-Gymnasiums in Berlin Hellersdorf
Künstlerische Leitung: Franziska Seeberg und Katharina Rohde
Bau: REFUNC
Videodokumentation: Anna Faroqhi und Haim Peretz
Pädagogische Begleitung des Projektes: Antje Maeder
Eine Produktion von Franziska Seeberg in Kooperation mit dem Melanchthon-Gymnasium Berlin Hellersdorf. Gefördert aus Mitteln des Fonds Kulturelle Bildung. Mit freundlicher Unterstützung der Arche Hellersdorf.
Ein Musiktheater
Ballhaus Ost, 2014
OSTERN IN KUNOVICE begibt sich auf die Spuren einer Fotografie, die vor zwei Jahrzehnten im tschechischen Dorf Kunovice aufgenommen wurde: Wir sehen vier Kinder und einen Mann in einer Wohnstube. Eines der Kinder hält eine Geige in der Hand, ein anderes spielt Blockflöte. Niemand schaut in die Kamera. An der Wand hängen Gemälde, im Esszimmerschrank stapeln sich die Kristallgläser und im Vordergrund liegen Schokoladenostereier in einer Schale auf dem Tisch. Wer sind die fünf Menschen auf dem Bild? Wie ist es ihnen seit dem Osterfest ergangen? Und in wessen Wohnzimmer befinden wir uns?
OSTERN IN KUNOVICE verknüpft dokumentarisches Material mit den Mitteln des Musiktheaters und unternimmt eine Reise in ein Bild. Schicht für Schicht werden die Geheimnisse des 20 Jahre alten Fotos aufgedeckt. Dabei verbinden sich Tonaufnahmen aus Kunovice mit tschechischen Volksliedern und werden Teil einer Soundkomposition, die sich dem Foto auf musikalische Weise annähert. Vor uns sehen wir das Bild und hören die beinahe schon vergessenen Geschichten, die es uns erzählt.
EASTER IN KUNOVICE traces the trail of a photograph taken two decades ago in the Czech village Kunovice: we see four children and a man in a living room. One of the children holds a violin in his hand, another plays a recorder. Nobody looks into the camera. Paintings hang on the wall, the crystal glasses are stacked in the dining room cupboard and chocolate easter eggs lie in the foreground in a bowl on the table. Who are the five people in the picture? How have they been since this Easter? And in whose living room are we?
EASTER IN KUNOVICE combines documentary material with the means of music theater and undertakes a journey into a picture. Layer by layer, the secrets of the 20-year-old photo are revealed. Sound recordings from Kunovice are combined with Czech folk songs and become part of a sound composition that approaches the photo in a musical way. We look at the picture and hear the almost forgotten stories it tells us.
Mit Franziska Dick und Cathrin Romeis
Regie + Text: Franziska Seeberg + Lisa Vera Schwabe
Komposition: Norbert Lang
Sounds aus Kunovice: Lukáš Tvrdoň
Ausstattung: Judith Philipp
Maske: Berenice Ammann
Technische Leitung: Ralf Arndt
Pressefoto: LUCIE
Fotodokumentation: Manuel Kinzer
Videodokumentation: Manuel Kinzer
Produktionsleitung: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro
Eine Produktion von Franziska Seeberg in Kooperation mit dem Ballhaus Ost. Gefördert durch Mittel des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Sentaskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, den Fonds Darstellende Künste, der Rudolf Augstein Stiftung und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. Mit freundlicher Unterstützung des Goethe-Instituts.
Das sieht man als etwas sehr Gelungenes auf der Ballhausbühne. Das Stück weckt ein mährisches Interesse, von dem ich nichts wusste. Es geht von etwas Einfachem aus und gestattet in der Verwandlung seinem Gegenstand eine Reise auf der Suche nach der verlorenen Zeit.
(livekritik, 15.5.2014)
Wie mit einer Lupe versuchen Franziska Seeberg und Lisa Vera Schwabe (Regie und Text) Vergangenes, das in der Erinnerung verschwindend klein geworden ist, wieder zu vergrößern. In jeder Vergrößerung liegt aber auch eine Verzerrung. Eine Verzerrung, die mitunter Imagination ist. Das Gedächtnis versucht stets, Kausalitäten zu erzeugen und mit erdichteter Logik, Vergangenes neu darzustellen. „Kunovice“ taucht die Erinnerung in nostalgisch-historischen Glanz gleich buntgefärbter Ostereier.(…) Klang fungiert in “Ostern in Kunovice. Ein Musiktheater” als Träger von Emotion und Erinnerung (Komposition: Norbert Lang; Sounds aus Kunovice: Lukáš Tvrdoň). Mal sind es abstrakte, kaum zuzuordnende Tonaufnahmen, Umweltgeräusche aus dem Ort der Kindheit, die den Prozess der Rekonstruktion einer verblassten Vergangenheit begleiten. Mal ist es ein Knabenchor vom Band, der die Akteurinnen entzückt schwelgen lässt. Und mal ist da ein abgehackter Beat – allegorisch für das Stop-and-go der Gedankenarbeit, bei der stoßartig und in Wortform die Erinnerung hervorsprudelt. (…) Das Wunderbare ist, die Inszenierung nutzt Elemente, die jeder aus eigener Erfahrung kennt. Ein Geruch in der Nase: Omas deftige Gulaschsuppe. Die peitschenden Weidenruten der Jungen und man zieht mit angstgepaarter Freude den Hintern ein.
(Unruhe im Oberrang, 19.5.2014)
Interview-Film
Ethnologisches Museum Berlin/Humboldt Lab Dahlem, 2012/13
Herr Dr. Bolz, Kurator und Leiter der Nordamerika-Abteilung des Ethnologischen Museums, steht im Zentrum des Filmprojekts. Im Winter 2012 wurde er pensioniert und verließ nach 25 Jahren die Museen in Berlin-Dahlem. Gemeinsam mit ihm und seinen Erzählungen bewegt sich ein kleines Filmteam durch die Räume des Museumsgebäudes und betrachtet die größte Nordamerika-Sammlung Europas. Jeder dieser Orte spiegelt eine Facette des umfangreichen Wissens von Herrn Bolz wider. Sein Fachwissen, seine Geschichten sowie sein persönlicher Werdegang als Wissenschaftler rücken angesichts unzähliger Exponate in den Vordergrund. Der nahezu 30 stündige Film „Wissen erzählen“ bewahrt die individuellen Erfahrungen und das angesammelte Wissen des Ethnologen und Nordamerikaspezialisten Herr Dr. Bolz für nachkommende Generationen von WissenschaftlerInnen und MuseumsbesucherInnen.
Dr. Bolz, curator and head of the North American section of the Ethnological Museum, is at the center of the film project. In the winter of 2012 he retired and left the museums in Berlin-Dahlem after 25 years. Together with him and his stories, a small film crew moves through the rooms of the museum building, looking at Europe’s largest North American collection. Each of these places reflects a facet of Mr. Bolz’s extensive knowledge. His expertise, his stories and his personal career as a scientist come to the fore in the face of countless exhibits. The almost 30-hour film „Wissen erzählen“ preserves the individual experiences and the accumulated knowledge of ethnologist and North American specialist Dr. Ing. Bolz for future generations of scientists and museum visitors.
Laufzeit der Installation Juni bis Oktober 2013
Produktion: Filmgestalten
Regie: Janina Janke und Franziska Seeberg
Kamera: Sunyam Riegger
2. Kamera: Dennis Schnieber
Ton: Manuel Vogt
Schnitt: Anja Keyßelt
Produktionsassistenz: Claudia Schütt
Foto: Manuel Kinzer
Eine Projekt des Humboldt Lab Dahlem
Eine Untersuchung des Zuhause-Gefühls ab acht Jahren
In Kooperation mit Theater Kormoran, Hildesheim, 2010
Eingeladen zum Spurensuche Festival 2012
Was brauchst du, um dich zuhause zu fühlen? Den Geruch der Creme deines Vaters? Die Geräusche eures Hauses in der Nacht? Oder die richtige Mischung aus Chaos und Ordnung in deinem Zimmer? Alle kennen das Bild vom Häuschen mit rotem Spitzdach, dem qualmenden Schornstein darauf und einem Baum daneben. Unsere persönliche Deutung von Zuhause aber ist individuell verschieden und beschränkt sich nicht nur auf vier Wände und eine Tür. Es gibt viele Arten und Möglichkeiten, an einem Ort oder bei bestimmten Menschen zuhause zu sein. Das Theaterstück HAUS AN HAUS baut diese Möglichkeiten von Zuhause nach, reißt sie wieder ein und setzt sie zusammen mit dem Publikum neu zusammen. Vor und während des Produktionsprozesses haben die Künstlerinnen mit Kindern aus Hildesheim gearbeitet. Immer ging es um die Frage, was das eigene Zuhause ausmacht. Die gesammelten Beschreibungen von Gegenständen, Ritualen, Geräuschkulissen und Aussichten sind Teil der Bühnenperformance geworden.
What do you need to feel at home? The smell of your father’s cream? The sounds of your house at night? Or the right mix of chaos and order in your room? Everyone knows the picture of the cottage with its red pitched roof, the smoky chimney on it and a tree next to it. However, our personal interpretation of home is individually different and is not confined to just four walls and a door. There are many ways and means of being at one place or with certain people. The play HAUS AN HAUS reconstructs these possibilities from home, breaks them down and puts them together again. Before and during the production process, the artists worked with children from Hildesheim. It was always about the question of what makes your own home. The collected descriptions of objects, rituals, soundscapes and prospects have become part of the stage performance.
Mit Lisa Schwabe und Sabine Stein
Regie: Franziska Seeberg
Musik: Jannis Kaffka
Kostüme: Soo Eun Lee
Gestaltung: Greta Hoheisel
Dramaturgie: Elisa Priester
Fotos: Andreas Hartmann
HAUS AN HAUS entstand als Koproduktion mit dem Theaterhaus Hildesheim
Ab Zuschauer ab acht Jahren richtet sich das Einfühlungsspiel, das von beiden Schauspielerinnen mit einer einnehmenden Mischung aus Warmherzigkeit und trockenem Witz umgesetzt wird – zugleich dürfte es aber in seiner nachdenklichen Nostalgie auch älteres Publikum in seinen Bann ziehen. Denn tatsächlich gelingt es, das Vertrauteste auf den Prüfstand zu stellen und Gedanken anzuregen über das Umfeld, das man für sich selbstverständlich hält. Über die Rituale, die genauso in Fleisch und Blut über gehen wie die Rollen, die einzelne Familienmitglieder im zeitgenössischen Patchwork spielen. (…) Dabei bleibt die Form immer spielerisch, keine Geschichten werden erzählt, sondern Erkenntnisse gesammelt. Und weil hier alles so offen ist, bekommt das Publikum am Ende eine wunderbar zusammen gestellte Mappe überreicht, die es selbst ausfüllen kann und mit der es sich fragen kann, was ein Zuhause zum Zuhause macht.
(Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 12.12.2010)
Das Stück nimmt die Lebenswelten der Jüngsten ernst, es versieht es nicht mit einem Erklärbären oder stülpt ihm eine Moral über. Weil es das tut, regt das Gezeigte die Zuschauer an, den Ist-Zustand bewusst wahrzunehmen. Und ihn dann zu hinterfragen.
(Der Tagesspegel, 22.1.2012)
Versuche zur Überwindung der Schwerkraft
Café Keese, 2010
TELEMONDIAL ist dokumentarisches Theater und große Oper zugleich: Ein Musiktheater-Abend im Café Keese in der Bismarckstraße, der diejenigen ins Rampenlicht holt, die sonst im Halbdunkel des Zuschauerraums sitzen – die Opernliebhaber. Welche Wünsche kann die große Oper erfüllen und welche nicht? Wie lassen sich überbordende Emotionen domestizieren und zuhause wieder erleben? Und wie kann man dem Tenor, dem Objekt der Begierde, näher kommen und näher und noch näher?
Ausgangspunkt von TELEMONDIAL ist Traudlinde Drobbe, als Autogrammjägerin in den 80er Jahren Stammgast an der Bühnenpforte der Deutschen Oper Berlin, und ihr umfangreiches Fotoarchiv. Im legendären Tanzlokal Café Keese verbinden sich ihre Sammlung, Interviews und Berichte zu ihrem Leben und die spektakulärsten Operntode zu einem Versuch über stille Sehnsucht, ganz große Gefühle und Techniken der Aufbewahrung.
Die Sammlung der Traudlinde Drobbe
Vor einiger Zeit tauchten im Archiv der Deutschen Oper verschiedene Aktenordner auf, zusammengefasst in einem Karton. Niemand konnte erklären, wie diese Aktenordner dorthin gekommen waren oder wer sie ins Archiv gelegt hatte. Auf einmal waren sie da.
Traudlinde Drobbe, ein begeisterter Fan des Opernhauses an der Bismarckstraße, hatte in den 1980er-Jahren alle ihre Opernbesuche und Fotos mit den legendären Stars minutiös dokumentiert und in einer Sammlung zusammen geführt, die neben einer Sehnsucht nach großer Oper auch von einer großen Leidenschaft für Ordnung erzählt.
TELEMONDIAL is documentary theater and grand opera at the same time: a music theater evening at Café Keese on Bismarckstrasse, bringing to the limelight those who otherwise sit in the twilight of the auditorium – the opera lovers. What wishes can the grand opera fulfill and which not? How can domineering overflowing emotions be experienced at home? And how can one come closer to the tenor, the object of desire?
The starting point for TELEMONDIAL is Traudlinde Drobbe, an autograph hunter in the 80s, regular guest at the stage gate of the Deutsche Oper Berlin and her extensive photo archive. In the legendary dance hall Café Keese, her collection, interviews and reports about her life and the most spectacular operatic deaths combine to a quest for quiet longing, great feelings and techniques of preservation.
Mit Bonnie Cameron, Franziska Dick und Jördis Richter
Regie: Franziska Seeberg und Johannes Müller
Musik: Armin Pommeranz
Bühne und Kostüme: Lee Soo-eun
Dramaturgie: Julia Schreiner
Maske: Elena Irsigler
Technische Leitung: Ralf Arndt
Fotos: Benjamin Krieg
Eine Produktion von OPER DYNAMO WEST und ehrliche arbeit – Freies Kulturbüro.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds Berlin. Unterstützt durch die Deutsche Oper Berlin, die Staatoper Unter Den Linden Berlin und das Café Keese.
Die Inszenierung untersucht die Beziehung zwischen Opernstars und deren Fans »anhand einer wahren Begebenheit«, wie es bei Filmen heißt, denn die Frau, um die es hier geht, gab es tatsächlich: Die fanatische Opernliebhaberin Trautlinde Drobbe war im Westberlin der 80er regelmäßige Besucherin der Deutschen Oper und Stammgast an der Bühnenpforte, wo sie ihren Lieblingssängern auflauerte und um Autogramme und Fotos bat…
Um diese Sammlung der längst Verstorbenen, um unerfüllte Sehnsüchte und Ersatzbefriedigungen kreist die Inszenierung (Regie: Franziska Seeberg und Johannes Müller) in einem ironisch-ernsthaften Diavortrag über Drobbes Archivierungsmethoden, rezitierten Aussagen von Kollegen und Freundinnen sowie erdachten Spielszenen, in denen der Wunsch der Opernfans nach totaler Nähe zu ihrem Idol auf die Spitze getrieben wird… und doch sind es gerade diese zugleich komischen und traurigen Szenen, die berühren und Verständnis wecken für Menschen, denen die Oper und deren Stars Ersatz werden für ein eigenes Leben.
Neues Deutschland, 25. Oktober 2010, von Anouk Meyer
Es gilt der pathosfreie Grundsatz: alles kann zu Oper werden und alles kann die Sehnsucht nach ihr hervorrufen. So entstand das neueste Projekt, untergebracht in einem Westberliner Tanzlokal mit Damenwahl…Kann man Erlebnisse und Emotionen archivieren? Die opernarchäologische Untersuchung, die da im Café Keese mit Dias, Arien, Hammondorgel zelebriert wurde, handelt von einer stillen Sehnsucht und den großen Gefühlen, zumal von den Grenzen der Aufbewahrung unserer Erinnerungen. Nein, es müssen nicht immer Orpheus, Don Giovanni und Parsifal sein… die blühende Opernlandschaft Berlins reicht weit, und sie kann sich auch im Minimalistischen verästeln.
Süddeutsche Zeitung, 2. November 2010, von Wolfgang Schreiber
Die Plexiglastelefone auf den runden samtbedeckten Tischen läuten nicht. Die Tresen um die Saalecken liegen im Dunkeln, die Discokugel über den knatschigen Tanzdielen schimmert gelblich und erinnert an den Mond, das dramatische Attribut fast jeder klassischen Opernaufführung… Im Café Keese wird nicht getanzt und nicht geflirtet, es wird gestorben nach allen Regeln der Theaterkunst … Café Keese, das legendäre West-Berliner Tanzlokal in der Bismarckstraße als Aufführungsstätte, das war ein dringender Wunsch der Theatermacher. Es gehört zum Credo der Theaterkompanie Oper Dynamo West, markante Orte für ihre Produktionen zu suchen….
RBB Kulturradio, 12. Oktober 2010, von Vera Block
Amerika Haus, 2010
Im Oktober 2010 nistete sich OPER DYNAMO WEST im Amerika-Haus ein und präsentierte das Buch „OPER DYNAMO WEST – Die Stadt als Bühne“ (Hatje Cantz Verlag). Nach der Book Release Party öffnete sie für eine Woche die Türen des Amerika Hauses und lud zu öffentlichen Gesprächsrunden mit Westberliner Legenden. Zudem gab es im Kinosaal des Amerika Hauses filmische Ortserkundungen und Dokumentationen der OPER DYNAMO WEST zu sehen.
In October 2010, OPER DYNAMO WEST settled in itself at the Amerika Haus and presented the book „OPER DYNAMO WEST – The City as a Stage“ (Hatje Cantz Verlag). After the Book Release Party, it opened the doors of the Amerika Haus for a week and invited to public talks with West Berlin legends. In addition, in the movie theater of the Amerika Haus there were to see filmic local explorations and documentaries of the OPER DYNAMO WEST.
Dass aber die Sache mit der westlichen Freiheit eine komplexe ist, das lehrt uns die Rückschau auf den Kalten Krieg. Seine Baudenkmäler stehen im Westen, unter anderem in Dahlem (Audimax der FU), Tiergarten (Haus der Kulturen der Welt) oder in der Charlottenburger Hardenbergstraße. Das Amerika Haus dort wurde zeitweise so stark von Steinewerfern frequentiert, dass seine Fensterscheiben aus Kunststoff waren. Hier nun nistet sich ab Freitag die Musiktheaterformation Oper Dynamo West ein, um nach diesem und anderen vergessenen magischen Orten des Westens zu forschen, öffentliche Gesprächsrunden mit Westberliner Legenden, filmische Ortserkundungen und Dokus früherer Produktionen anzubieten, bevor dann am 14. 10. im Café Keese in der Bismarckstraße (ansonsten Schauplatz von Bällen für einsame Westherzen) „Telemondial -Versuche zur Überwindung der Schwerkraft“ Premiere hat.
taz berlin, 28. September 2010, von Esther Slevogt
Den leeren Westteil Berlins erforscht seit einigen Jahren das innovative Musiktheaterensemble Oper Dynamo West
Das Amerika-Haus dient derzeit vor allem als Präsentationsort einer Werkschau der Gruppe. Filme – wie z.B. die bemerkenswerte Reportage über das Leben im sogenannten Sozialpalast in der Schöneberger Pallasstraße – und Aufzeichnungen einiger Inszenierungen werden im Kinosaal gezeigt. Oper Dynamo West erweisen sich auch hier als Kuriositätenjäger eines im Strudel der Postmoderne versinkenden alten Westens. Mit ihrem Basislager im Amerika-Haus geben sie zudem die Möglichkeit, einen einstmals stark aufgeladenen Ort wiederzuerobern. Noch zufällig herumstehende Stadtmodelle der City West, wie sie einmal entstehen soll, und eine an der Wand vergessene Luftbildaufnahme eines vergangenen Zustands muten wie inszeniert an; sie illustrieren die Übergangsphase, in der sich dieser Teil der Stadt gegenwärtig befindet. Ein Ort und auch ein Oeuvre zum (Wieder-)Entdecken.
Neues Deutschland, 8. Oktober 2010, von Tom Mustroph
Und es gibt seit 2006 Oper Dynamo West, ein winziges frei schwebendes Kollektiv der Unverwechselbarkeit – Perfomance-Kunst will Alltag verzaubern. … Die Book-Release-Party im Berliner Amerika-haus übte beschwingtes Understatement mit Jazz. … Was unterscheidet die ODW vom alten Prinzip Oper? Sie will „das Musiktheater-Potential der Realität“ überprüfen, …
Süddeutsche Zeitung, 2. November 2010, von Wolfgang Schreiber
Eine phonographische Anstrengung
Hebbel am Ufer, 2009
In den Kellern des Ethnologischen Museums Berlin schlummern tausende Tondokumente, die mit Hilfe des Phonographen im 19. Jahrhundert auf beschwerlichen Reisen gesammelt wurden. AMAZONAS begibt sich auf Expedition ins Wachswalzenarchiv, folgt den Spuren der Forscher und sammelt dabei Reiseberichte, technische Daten und zerkratze Melodien und Rhythmen aus aller Welt. Mit Hilfe der Tondokumente kehrt AMAZONAS zu den Momenten zurück, als die Forscher sich schwitzend, zitternd und übermüdet auf der Jagd nach Musik durch die Fremde kämpften. Über die Jahre hinweg lagerte sich Staub in den Rillen der Wachswalzen ab. Durch sein Knistern und Rauschen hindurch erklingen Trommeln im Urwald, chinesische Gesänge und Schweizer Jodelchöre.
AMAZONAS fragt nach den Anstrengungen des Archivierens zwischen Wachswalzen und digitalen Datenmassen und lässt vor den Augen des Zuschauers eine Collage aus Kompositionen, Texten und Bildern entstehen.
In the cellars of the Ethnological Museum Berlin there are thousands of sound documents, which were collected on arduous journeys with the help of the phonograph in the 19th century. AMAZONAS embarks on an expedition into the wax-roll archive, following in the footsteps of researchers and collecting travel reports, technical data, crumpled melodies and rhythms from all over the world. With the help of the sound documents AMAZONAS returns to the moments when the researchers, sweating, trembling and tired, fought through foreign countries on the hunt for music. Over the years, dust settled in the grooves of the wax rollers. Through its crackling and rushing resound drums in the jungle, Chinese songs and Swiss yodelling choirs.
AMAZONAS asks about the efforts of archiving between wax rollers and digital data masses and creates a collage of compositions, texts and pictures.
Mit Kirsten Burger, Hauke Heumann und Dominik Kleinen
Regie: Franziska Seeberg
Mitarbeit Regie: Johannes Müller
Musik: Merzouga/Eva Pöpplein und Janko Hanushevsky
Bühne und Kostüme: Philine Rinnert
Lichtentwurf: Max Stelzel
Eine Produktion von OPER DYNAMO WEST und Produktion ehrliche arbeit – freies Kulturbüro.
In Kooperation mit dem Hebbel am Ufer Berlin.
Mit freundlicher Unterstützung des Berliner Phonogramm Archivs des Ethnologischen Museums Berlin.
Gefördert durch den Berliner Senat und den Fonds Darstellende Künste e.V.
Das Material von „Amazonas“ unter der Regie von Franziska Seeberg kommt tief aus den Eingeweiden der Stadt: Im Ethnologischen Museum in Dahlem lagern tausende von Tondokumenten, die europäische Forscher in Afrika und Asien vor über 100 Jahren mit dem Phonographen und den Wachswalzen aufgenommen haben. In der Bearbeitung des Duos Merzouga wird daraus eine Zeitreise in die Geschichte des Speicherns von Musik. Drei Darsteller geben vor, eine Sendung in einem Tonstudio aufzunehmen, tatsächlich sind sie aber nichts anderes als selbst Speichermedien, die den in Erfahrungsberichten geronnenen Blick der Forscher vortragen und die alten Walzen abspielen. Es rauscht, knirscht und zischt, man hört ferne Gesänge und Trommeln. Obwohl der Abend keine Geschichte im eigentlichen Sinnen hat, erzählt er doch vom Ende des auratischen Charakters von Musik und den versuchen, ihren flüchtigen Charakter festzuhalten.
(Tagesspiegel, 12.12.2009)
Es rauscht, es knarzt, es knackt. Verzerrte Stimmen singen in einer nicht verständlichen Sprache zerkratze Melodien und rätselhafte Klänge. Indianergesänge aus Mexiko, aufgenommen im 19. Jahrhundert, präsentiert auf einer Bühne, die aussieht wie ein Tonstudio. (…) In dieser Szenerie dreht sich alles um den Klang, genauer um Aufnahmen in Wachs. Diese Klänge nahm die Regisseurin Franziska Seeberg als Basis für ihr Stück AMAZONAS. Zusammen mit dem Komponistenduo Merzouzga erdachte sie eine Collage aus Schauspiel, Dokumentar- und Musiktheater. (…) Für ewig konservierte Erinnerungen auf der Bühne des HAU 3, mitten im schnell vergänglichen digitalen Zeitalter.
(RBB Kulturradio, 10.12.2009)
Halle an der Saale, 2009
Gefördert durch das Thalia Theater Halle und der Deutschen Bank Stiftung im Rahmen des einjährigen Stipendiaten-Programms FORMAT – Neue Wege in der Kultur
Ich sah eine Stadt im Wandel.
Wohin würde sich Halle entwickeln? Boten die Bracheflächen und ruinenhaften Zerklüftungen, die so typisch waren für das Stadtbild, einen Freiraum, der darauf wartete, mit neuen Ideen gefüllt zu werden? Oder waren sie Vorboten eines Verschwindens, eines baldigen urbanen Todes?
Auf meinen Stadt-Erkundungen kam ich am Steg-Gelände vorbei – kurz vor der Wende wurde hier ein Ensemble aus drei identischen Punkthochhäusern fertig gestellt. In der Zeit meines Aufenthaltes wurde das Haus am Steg Nr. 5 abgerissen. Langsam, geradezu behutsam war der Abriss. Ein Stockwerk pro Woche; so lautete der Plan. Die einzelnen Wandfragmente wurden aus dem Gefüge des Hauses gefräst und an einen Haken gehängt. Ein Kran hob die Last und legte sie auf einer Halde ab. Dieser Vorgang wiederholte sich jede Stunde etliche Male: Ruhig, konzentriert, anmutig. Schwebende Wände, die am Himmel vorbei zogen – für einen Moment schwerelos, scheinbar von der Last der eigenen Materie befreit.
Angesichts des Steghochhauses Nr. 5 entwickelte ich die Idee, einen Festakt auf den Fundamenten des gerade abgerissenen Hauses zu initiieren: Ein Abschiedsgruß an den Steg Nr. 5, verwoben mit Erinnerungen einzelner Personen an den die DDR und die Zeit der Wende. Eine der schwebenden Wände sollte als eine Art Erinnerungsobjekt Teil des Festaktes werden. So bekamen wir eine Wand geschenkt: 6 Tonnen schwer, 3 Meter hoch und 7 Meter lang.
Ein Chor sollte den Festakt auf musikalische Weise begleiten. Ich suchte einen Hallenser Seniorenchor, in der Hoffnung, dass die einzelnen Mitglieder mir auch von ihren Erfahrungen in Halle während der DDR-Zeit erzählen würden. Meine Suche führte mich zum Singekreis Halle. Über mehrere Monate wurde ich selbst Mitglied des Chores, lernte sein Repertoire, verbrachte mit dem Chor ein Wochenende auf einer Burg und lernte so nach und nach die einzelnen Menschen kennen. Ein Großteil des Chores war am Ende bereit, den Festakt auf dem Steggelände mitzugestalten – mit Liedern und Interviews, die als Material in den Festakt mit einfließen würden.
Am Abend des 27. Juni war es dann soweit. Etwa 150 Gäste trafen ein um mit uns gemeinsam in Form eines Richtfestes das verschwundene Steghochhaus noch einmal aufleben zu lassen.
Von und mit dem Singekreis Halle e.V.
Künstlerische Leitung und Regie: Franziska Seeberg
In Zusammenarbeit mit: Philine Rinnert
Musikalische Leitung: Ulrich Hellem
Gesang: Julia Preußler
Sprecher: Johannes Müller
Franziska Seeberg lud am Ende der Festivaltage zu einem nächtlichen Richtfest auf dem Gelände des ehemaligen Steghochhauses #5 im Glauchaviertel ein. So war dann der Titel „Am Steg #5“ für ihr Projekt auch nicht verwunderlich und zugleich Programm des Abends. Die Kulisse bestand aus einer geretteten Platte des ehemaligen Wohnturms am Glauchaer Platz, einer reich gedeckten Tafel und dem noch stehenden Punkthochhaus im Hintergrund. (…) Erinnerungen an eine im Rauch gefangene Stadt in der Winterzeit, verursacht von den damals üblichen Kohleöfen, wurden geweckt. Der Segen von Warmwasser aus der Wand in den neuen Häusern aus Beton ließ die Altbauten zunehmend verfallen. Der Spaziergang durch die Geschichte und die Straßen der Stadt Halle wurde vom Chor mit Wanderliedern gebrochen und illustriert. Aber auch der nüchterne Vortrag von Zeitungsartikeln aus dem damaligen SED-Bezirgsorgan „Freiheit“ hatte leicht satirische Züge. Das trockene Verlesen durch Johannes Müller ließ noch einmal die Lobhudelei der DDR-Medien aufleben. Doch die Krönung, eine Art Abgesang auf die geliebte gehasste Platte, war eine Arie aus Henry Purcells Oper „Fair Queen“. Julia Preußlers Stimme schwebte durch die kühle Sommernacht und verkündete: See, even night her self is here…
(Salikus, 7.7.2009)
Können Sie sich noch an des Steg Hochhaus Nummer 5 erinnern? Der letzte Akt des ehemaligen 22-Gerschossers wurde am Abend des 27. Juni gefeiert – ausgerechnet mit einem Richtfest. Franziska Seeberg zelebrierte ihren Festakt gemeinsam mit rund 150 Gästen. Ein sechs mal zwei Meter großes Wandelement – einziges Überbleibsel des Betongiganten – diente als Projektionsfläche für ihr Stück „Am Steg #5 – Ein Richtfest“. (…) Hauptdarsteller waren die 17 Mitglieder des Singekreis Halle. Sie sponnen mit ihren Geschichten ein Netz aus Wegen durch Halle, die sie früher durch die Stadt führten. Während Aufnahmen von der Umgebung rund um das ehemalige Hochhaus und der Abriss des Plattenbaus noch einmal als Projektionen auf der Wand zu sehen waren, sang der Chor bekannte Wanderlieder. (…) Nach einer Stunde fiel der Vorhang unter großem Beifall des Publikums.
(HWG Mieterpost, August 2009)
Zentraler Omnibusbahnhof Berlin (ZOB), 2008
CAIRO! SHANGHAI! BOMBAY! lud zur Fahrt an den Zentralen Omnibusbahnhof Berlin.
In den 60er Jahren war der ZOB unter dem Funkturm Vorbild für viele andere Busbahnhöfe. Mit seinen Anzeigetafeln und Durchsagen, mit Wartehalle und Imbiss ist er heute ein hochorganisierter Durchgangs- und Aufenthaltsort für Menschen, die billig reisen müssen. Ein Ort harter Realität, an dem mit jeder Reise traumhafte Sehnsüchte in die Ferne gehen und im Verborgenen an der Zukunft des Verkehrs gearbeitet wird.
OPER DYNAMO WEST erforschte den ZOB und nutzte ihn zum Nachdenken: Über Geld, das man hat oder nicht, über Reisen, die man gern machen würde, und über den Preis von Benzin. Die Zuschauer bewegten sich mit einem Mixtape frei auf dem Gelände und trafen auf selbsternannte Reise-Experten, Bankrotteure, auf Wissenschaftler und Frauen, die gerade von der Maniküre kamen.
CAIRO! SHANGHAI! BOMBAY! invited to drive to the central bus station Berlin. In the 60s, the ZOB under the radio tower was a role model for many other bus stations. With its scoreboards and announcements, with departure lounge and snack bar, it is now a highly organized transit and abode for people who need to travel cheaply. A place of hard reality, where longings go far away with each trip.
OPER DYNAMO WEST explored the ZOB and used it to think: about money you have or not and travels you would like to do. The audience moved freely with a mixtape on the site and met self-proclaimed travel experts, bankrupts, scientists and women who just came from the manicure.
Regie: Kirsten Burger, Janina Janke, Johannes Müller und Franziska Seeberg
Mixtape: Benjamin Krieg und stefanpaul
Ausstattung Lee Soo-eun
Sound Wartehalle: Olaf Giesbrecht
Technik: Ralf Arndt
Fotos: Benjamin Krieg
Eine Produktion von OPER DYNAMO WEST und ehrliche arbeit.
Mit freundlicher Genehmigung durch DB Station&Service. Mit freundlicher Unterstützung der Internationalen Omnibusbahnhof Betreibergesellschaft, der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und des Theaterhaus Mitte.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
Berlin – Selbst wenn man schon tausendmal durch einen Bahnhof gegangen ist, gibt es noch etliche unbekannte Ecken. Wie die ehemalige DB-Lounge im Bahnhof Zoo, die zwar längst der Vergangenheit angehört, aber jetzt Treffpunkt einer etwas anderen Busreise ist… Hier hat sich bereits ein bunt zusammen gewürfelter Haufen von Leuten eingefunden, die alle irgendwie verlegen schmunzeln. Schließlich weiß keiner, was einen wirklich erwartet. Geht es doch an einen exotischen Ort, den man sonst wohl nie aufgesucht hätte: Den Zentralen Omnibusbahnhof Berlin, kurz ZOB genannt. … Denn der ZOB ist der neueste Spielort der Oper Dynamo West. Das Musiktheater- Ensemble spielt an ungewöhnlichen Orten im Westteil der Stadt, wobei die Inszenierungen stets die Umgebung spiegeln. Kirsten Burger, Janina Janke, Johannes Müller und Franziska Seeberg haben einen so aufwendigen wie spannenden Abend auf dem Gelände inszeniert. Mit Kopfhörern und einem MP3- Player bewaffnet, kann man das Mysterium ZOB auf eigene Faust erkunden. … Schauspieler sitzen derweil auf Bänken, winken zum Willkommen oder zum Abschied. Wer weiß das hier schon so genau?… Oder man lauscht einem kuriosen Gespräch zwischen zwei Berlinern. Eine junge Frau im Trainingsanzug und mit Strass behangen setzt sich neben sie. Typisch osteuropäisch, denkt man sofort, verflucht sich leise für dieses Vorurteil. Doch dann singt sie plötzlich etwas Osteuropäisches und silbernes Konfetti rieselt
von der Decke herab. Ein bisschen Billig-Glamour für den nüchternen ZOB. Eine verrückte, aber auch sehr authentische Bahnhofs(theater)erfahrung.
Von Ulrike Borowczyk, Berliner Morgenpost, 20. September 2008
Ein Traum wird wahr: Sie steigen am Bahnhof Zoo in den Bus und fahren einfach so nach Cairo, nach Shanghai oder Bombay. Keine Bange, für diesen Trip müssen Sie nicht Tage im Bus verbringen, sondern sich lediglich auf eine Reise mit der Theatertruppe Oper Dynamo West begeben. Die fahren Sie zum Zentralen Omnibusbahnhof Berlin und lassen dort mit Soundkollagen und Theaterszenen die Realitäten und Träume der großen weiten Welt wahr werden…
Radio eins, 26. September 2008, 19:00 Uhr
Und wo die anderen ihre Spielzeit erst beginnen, ist sie bei der Oper Dynamo West schon wieder zu Ende. Dafür aber an einem ganz speziellen Ort: dem Zentralen Omnibus Bahnhof (ZOB) am Westberliner Funkturm. Dort, wo es so trist und zugig ist, dass man sich schon ganz automatisch nach fernen Ländern sehnt, hat Dynamo West ihr Projekt „CAIRO! SHANGHAI! BOMBAY!“ angesiedelt, in dem es um die Möglichkeiten des Fortkommens und die Träume vom Woanderssein geht.
taz Berlin, Esther Slevogt , 16. September 2008
Theaterstück von Rainer Werner Fassbinder und „Frauenliebe und -leben“ von Robert Schumann
Supermarkt im Wrangelkiez/Hebbel am Ufer, 2008
Ein leerer Supermarkt in Berlin Kreuzberg. Hinter der Fensterfront: Leopold, Franz, Anna und Vera in einer Wohnzimmerlandschaft zwischen Käseschnittchen und Häkelgardinen. Die „Komödie mit pseudotragischem Ende“ von Fassbinder trifft auf die biedermeierliche Romantik von „Frauenliebe und –leben“. Das innige Einverständnis mit bürgerlichen Konventionen stößt auf die Bereitschaft zur Ektase – bis zur Selbstauflösung.
Was ist aus dem Wunsch der 68er Generation, eine liberalere und gleichberechtigtere Gesellschaft zu gestalten, passiert? Welche Spuren dieses Aufbruchs lassen sich in unserer heutigen Zeit finden? Und welche Ideen gingen verloren und wichen altbekannten Strukturen? „Tropfen auf heiße Steine“ stellt die großen gesellschaftlichen Fragen über Freiheit, Selbstbestimmung und Macht und führt sie dahin zurück, wo sie ihren Ursprung haben: in die private Welt der eigenen vier Wände.
An empty supermarket in Berlin Kreuzberg. Behind the window front: Leopold, Franz, Anna and Vera in a living room landscape between cheese canapes and crocheted curtains. The „comedy with a pseudo-tragic ending“ by Fassbinder meets the Biedermeier romanticism of „Women’s Love and Life“ by Robert Schumann. The intimate agreement with bourgeois conventions encounters the readiness for the ecstasy – until the self-dissolution.
What happened to the desire of the ’68 generation to create a more liberal and equal society? What traces of this departure can be found in our time? And what ideas were lost and gave way to well-known structures? „Water Drops on Burning Rocks“ raises the big questions of society about freedom, self-determination and power and traces them back to where they originated: into the private world of the own four walls.
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Leitung: stefanpaul
Bühne und Kostüme: Julie Rüter
Dramaturgie: Johannes Müller
Fotos: Benjamin Krieg
Franz: Dominik Kleinen
Leopold: Walter Sprungala
Anna: Franziska Dick
Vera: Ernestine Tzavaras
Gesang: Sabine Hill
Klavier: stefanpaul
Eine Produktion von OPER DYNAMO WEST und ehrliche arbeit – Freies Kulturbüro.
In Kooperation mit dem Hebbel am Ufer, Berlin.
Eine Koproduktion von Schloss Bröllin aus den Mitteln des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
Eine kleine, aber wirklich äußerst feine Beziehungskrisenmeldung kommt zum Beispiel von der vom Hebbel am Ufer koproduzierten Oper Dynamo West. Die freie Truppe hat sich auf die Erkundung ausgemusterter Immobilien in den Berliner Westbezirken spezialisiert und lädt … zur Feier der Paarkrise in einen leer stehenden Supermarkt… Die Regisseurin Franziska Seeberg hat das alles ganz genauso ernst, schwarzhumorig, traurig und unterhaltsam erzählt, wie es eben ist.
Tagesspiegel – 11 Juli 2008, Christine Wahl
Dieses Stück, das Fassbinder selbst nie auf die Bühne brachte, hat Franziska Seeberg jetzt mit der Oper Dynamo West komisch, berührend und rasant inszeniert. Die freie Theatergruppe ist bekannt für Musiktheater an abwegigen Orten, in Zoos, Motels oder Rotlichtvierteln. »Tropfen auf heiße Steine« spielt in einem Supermarkt, der seit Jahren leersteht. Die Scheiben sind verklebt, Passanten machen sich trotzdem lautstark bemerkbar. Die radikale Privatheit der Figuren in ihrem Eicherustikal-Siebziger-Jahre-Einbau-Spießer-Albtraum (Ausstattung: Julie Rüter) wird bei dieser Premiere am Freitag kontrastiert durch das öffentliche Leben im Hier und Jetzt.
junge Welt – 8. Juli 2008 – Conny Gellrich
Die Dialoge sind knapp, aber messerscharf. Fassbinder analysiert mit geradezu wissenschaftlicher Kälte die Stadien einer Beziehung. Von der Verführung, über die erste Liebe, bis zur Verflachung im Alltag. … Einmal lässt die Regisseurin die Schumannsche Sehsucht direkt ins Fassbinderstück hinüberschwappen. Die Akteure singen und wirken so zart und verletzlich. Für einen Moment blitzt Erhabenheit auf. Doch dann gehen die Machtkämpfe weiter. Als es am Ende einen Toten gibt, erscheint das folgende Lied fast wie ein zynischer Kommentar… Mal beißen sich Schumann und Fassbinder, mal kommen sie gut miteinander aus. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Deutschlandfunk, Corso – Sendung am: 4. Juli 2008 – Oliver Kranz
Die Theatergruppe „Oper Dynamo West“ will Orte im Westen der Stadt kulturell wiederbeleben … der Anspruch wird seit zwei Jahren und einer Handvoll Projekten mit Engagement durchgehalten… Als passend verkommenen Ort haben sich die Regisseurin Franziska Seeberg und ihr Team einen ausgeräumten Supermarkt im Wrangel-Kiez ausgesucht… Putzen, sich für den Koitus bereithalten und dann wieder putzen – so richtig mag Franz in dieser Rolle nicht aufgehen, auch wenn er das Ekel Leopold „schon sehr gern“ hat. Er nimmt Gift, verabschiedet sich telefonisch von seiner Mutter, die ihm eine gute Reise wünscht, wirft sich eine scheußlich geblümte Tischdecke über den Kopf und stirbt.
Berliner Zeitung – 7. Juli 2008 – Feuilleton – Ulrich Seidler
Theater an der Parkaue, Winterakademie 3
In Zusammenarbeit mit dem DSCHUNGEL WIEN (Wien) und TIYATROTEM (Istanbul)
Dong Xuan Center Berlin Lichtenberg, 2008
HANOI EXPRESS begab sich auf die Reise nach Vietnam. Ausgestattet mit Fotokameras, Aufnahmegeräten, Stift und Papier besuchten wir Hanoi – inmitten Berlins. Ziel unserer Reise war der Dong Xuan Center in Lichtenberg, einem der größten Vietnamesischen Märkte Berlins. Dort tauchten wir ein in eine Welt der fremden Gerüche und Klänge, interviewten Menschen zu ihrem Leben und ihren Erinnerungen an Vietnam und suchten nach den Spuren zauberhafter Gestalten der Vietnamesischen Märchenwelt. Am Ende hatte das Publikum die Möglichkeit mit einem Reisebus zum Dong Xuan Center zu fahren und unter der Leitung der Kinder die Hallen zu besuchen.
HANOI EXPRESS went on a journey to Vietnam. Equipped with photo cameras, recorders, pen and paper we visited Hanoi – in the middle of Berlin. The destination of our trip was the Dong Xuan Center in Lichtenberg, one of the largest Vietnamese markets in Berlin. There we encounter a world of strange smells and sounds, interviewed people about their lives and memories of Vietnam, and were looking for the traces of magical figures of the Vietnamese fairytale world. At the end of the audience had the opportunity to travel by coach to the Dong Xuan Center and visit the halls under the direction of the children.
Laborleitung: Franziska Seeberg und Julie Rüter
Laborbegleitung: Anne Paffenholz
Laborassistenz: Lisa Schwabe
Fotos: Julie Rüter
Klein-Hanoi wird dieser Teil Lichtenbergs genannt, weil dort gut 200 Händler in drei Hallen ihre Produkte und Dienstleistungen feilbieten. Die Kinder und Jugendlichen nahmen für ihre Erkundungen das vietnamesische Märchen vom Tempelgeist als Ausgangspunkt. Ohne Scheu gingen sie bei ihren Recherchen auf die Verkäufer zu. „Wie sagt man Landstraße auf Vietnamesisch?“, fragten sie beispielsweise. „Duong Pho“, antwortete Verkäufer Minh Chau und buchstabierte das komplizierte Wort. Alle Antworten wurden mit Tonbandgeräten dokumentiert. (…) Das Projekt Hanoi Express begriff das Übersetzen als Reise in ein anderes Land. „Und das kann auch innerhalb Berlins statt finden“, so Julia Schreiner, Kuratorin der Winterakademie.
(Berliner Zeitung, 12.1.08)
Ein Jazz-Theater inspiriert durch die Kurzgeschichte „Entropie“ von Thomas Pynchon
Bikinihaus Berlin, 2007
Es ist ein Jahrhundertfrühling. In diesem Jahr setzte er viel zu früh ein. Doch später wird sich niemand mehr an ihn erinnern. Außer mir, und dir vielleicht. Und während die Temperatur da draußen seit Tagen ungewöhnlich hoch ist, versuchen wir unser Treibhaus gegen den Weltuntergang abzuschotten.
Entropie beschreibt irreversible Prozesse in der Natur. Ein Beispiel für einen irreversiblen Prozess ist ein Glas, das von einem Tisch auf den Boden fällt und zerspringt. Nach Rudolf Clausius ist dieser Prozess irreversibel, da er nicht spontan in umgekehrter Richtung ablaufen kann. In der Tat ist noch nie beobachtet worden, wie die Splitter eines Glases sich spontan wieder zusammensetzten und das neu entstandene Glas auf einen Tisch sprang.
It is a Century Spring. This year he started much too early. But later nobody will remember it. Except me, and you maybe. And while the temperature out there has been unusually high for days, we try to seal off our greenhouse against the end of the world.
Entropy describes irreversible processes in nature. An example of an irreversible process is a glass that falls from a table to the ground and shatters. According to Rudolf Clausius, this process is irreversible because it can not happen spontaneously in the opposite direction. In fact, it has never been observed how the splinters of a glass spontaneously reassembled and the newly formed glass jumped onto a table.
Regie: Franziska Seeberg
Bühne und Kostüme: Julie Rüter
Dramaturgie: Miron Hakenbeck
Technische Leitung: Ralf Arndt
Foto: Benjamin Krieg
Mit Annekathrin Bach und Nico Nothnagel
Yelena K & The Love Trio : Yelena Kuljic (vocal), Kristian Kowatsch (piano), Rodolfo Paccapelo (bass), Jan Roth (drums)
Fleisch & Schön: Beatrice Fleischlin und Sonya Schönberger
Eine Produktion von OPER DYNAMO WEST und ehrliche arbeit – Freies Kulturbüro.
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds und der Karl-Hofer-Gesellschaft.
Junge Künstler bespielen vorübergehend das Bikini-Haus. Ein leer stehendes Gebäude übt auf das Ensemble der OPER DYNAMO WEST eine geradezu unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Dann werden die Räume für eine Zwischennutzung okkupiert. Eine Musiktheaterproduktion entsteht und belebt den nach der Wende kulturell recht vernachlässigten Westen neu. Die Künstler betrachten bei ihrer Auseinandersetzung mit der Architektur die Stadt als ihr Bühnenbild. Das Ergebnis sind ungewöhnliche Inszenierungen. Wie „Entrópia“, eine chaotische Party zwischen Jazz und Physik nach der Kurzgeschichte „Entropie“ des viel diskutierten Autors Thomas Pynchon. Ersonnen von Regisseurin Franziska Seeberg mit dem Ensemble sowie Yelena K & The Love Trio, der Performance-Gruppe Fleisch und Schön und Annekathrin Bach. Pynchons Themen Paranoia, Entropie und Todessehnsucht werden in einem Treibhaus kurz vor dem Weltuntergang reflektiert. Schwerer Stoff, beschwingt aufbereitet.
(Berliner Morgenpost, 22.3. 2007)Das Jazz-Theater-Stück „En Tròpia“ der Initiative OPER DYNAMO WEST untersucht im halbleeren Bikini-Haus den Zustand der „Entropie“. Ein eigentlich physikalischer Begriff für eine energetische Zustandsbeschreibung, die unter anderem besagt, dass Wärme nie spontan von einem kälteren auf einen wärmeren Körper übergehen kann – sagt zumindest Max Planck. Ziemlich kompliziert. Weshalb sich die Regisseurin Franziska Seeberg auch auf die gleichnamige Kurzgeschichte von Thomas Pynchon beruft und ihr Stück nicht auf szenisches Schauspiel begrenzt, sondern eine Collage von Jazz-Musik, kurzen Dialogen und einer Installation ausweitet.
Ähnlich einem physikalischen Experiment lebt „En Tròpia“ von der Wiederholbarkeit: ganze fünf Mal vollzieht sich die Begrüßung von Ihr und Ihm in einer festgelegten Handlungsabfolge. Doch immer wieder ändert sich der energetische Zustand der Beziehung – mal ist man einander neutral, das andere Mal herzlich warm, zuletzt ist man sich spinnefeind. Alles ist zunächst synchron, verschiebt sich jedoch in zeitlichem Ablauf zur Asynchronität. Entropie, ein Zustand für Chaos? Bleibt noch der Hinweis der Darsteller, draußen seien es stets 37 Grad Celsius. Wir sind selbst Teil des Körpers Erde, will diese Andeutung sagen.
(Berliner Morgenpost, 26.3.2007)
Die West-Berliner Stadtbezirke haben in Sachen Theaterdichte in den letzten Jahren deutlich abgebaut. Das Projekt OPER DYNAMO WEST stellt sich dieser Entwicklung beherzt entgegen. Mit dem u.a. von Thomas Pynchon, Chet Baker und einem Hauptsatz der Thermodynamik inspirierten En trópia zeigt das junge Ensemble eine ungewöhnliche Symphonie aus Jazz, Physik und den Klängen der Großstadt.
(Tagesspiegel, 29.3.2007)Theater im Bahnhof Zoo
Bahnhof Zoologischer Garten, 2007
Jahrzehnte lang stand der Bahnhof Zoo für Glanz und Elend der Enklave West-Berlin, heute zeigt seine Ablösung als Fernbahnhof die neuen Gewichtungen in der wiedervereinigten Stadt an. Was verändert sich mit diesem urbanen Umbruch für den Einzelnen, was entsteht dadurch neu? Für die FORT_FÜHRUNG unterhielt sich die Oper Dynamo West mit Menschen, die im Bahnhof Zoo arbeiten oder leben, die den Bahnhof verwalten oder regelmäßig nutzen: Ladenbetreiber, Obdachlose, Bahnangestellte oder Pendler. Auf einem Parcours durch den Bahnhof Zoo erlebten die Zuschauer in kleinen Gruppen das Ergebnis der Recherche.
For decades, the Bahnhof Zoo stood for the splendor and misery of the Enclave West Berlin, today its replacement as a long-distance station shows the new weightings in the reunified city. What is changing with this urban upheaval for the individual, what newly arises?
For the FORT_FUEHRUNG the Oper Dynamo West talked to people who work or live in the Bahnhof Zoo, who manage or regularly use the station: shop operators, homeless people, railway employees or commuters. On a course through the Bahnhof Zoo, the audience experienced the results of the research in small groups.
Regie: Franziska Seeberg, Johannes Müller, Janina Janke
Raumkonzept und Kostüme: Philine Rinnet und Julie Rüter
Technik: Ralf Arndt
Servicebereich: Annekathrin Bach, Brigitte Cuvelier, Cathrin Romeis
Schließfächer: Christina Heiße, Olaf Dröge
Reinigung: Katharina Hauch, Anja Hegen, Soo Eun Lee, Remo Lotano
Gleis 3/4: Kirsten Burger
Wartehäuschen: Christin König, Dors Erbring-Kahn, Katharina Hauck, Joachim Konrad, Michael Stoerzer, Olaf Dröge, Horst Moye
Große Halle: Ruth Rosenfeld, Dominik Kleinen, Kirsten Burger, Sina Rohner
Hostessen: Erika Haaksma, Hiep Han, Hsung Huang, Hoi Yan, Kaye Tai, Eun-A Kim, Su Jeong Kim, Mi-kyoung Kim
Eine Produktion von Oper Dynamo West und ehrliche arbeit – freies Kulturbüro
Mit freundlicher Unterstützung der Deutsche Bahn AG.
Gefördert durch das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Berlin, Kulturamt.
Im Bahnhof Zoo, einst quirliges Wahrzeichen und schmuddeliges Foyer der Frontstadt Westberlin, rauschen die ICEs heute nur noch durch. Statt Reisender bevölkern Penner und Punks verstärkt das Terrain. In der ehemaligen DB-Lounge sitzt eine heruntergekommene Dame im Rollstuhl, der gleichzeitig ein fahrender Zeitungsstand ist. Kaum dass sich jemand nähert, knipst sie einen herzzerreißenden Gesichtsausdruck an und bietet zitternd eine Obdachlosenzeitung zum Verkauf. Doch die Dramatik ihrer Mimik provoziert unwillkürlich die Frage: Bettelt sie noch oder spielt sie vielleicht schon Theater?
Diese Frage stellt sich in der Ex-DB-Lounge zurzeit recht oft, denn sie ist Ausgangspunkt eines Projekts der Theaterformation „OPER DYNAMO WEST“, die der verblassenden Aura Westberlins verfallen ist und seine verödeten Orte jetzt für das Theater entdeckt. Bald wird man aus der Lounge von drei eskimohaft weiß gekleideten Damen asiatischer Herkunft abgeholt und auf verschlungenen Wegen treppauf und treppab durch den Bahnhof geführt. In einem Raum treffen wir zwei Hostessen (Annekathrin Bach und Brigitte Cuvelier), die Butterbrote schmieren und über bessere Zeiten sinnieren. Auf Gleis drei sieht man in eisiger Kälte eine schrill, aber äußerst leicht bekleidete Dame (Kirsten Burger) in Zeitlupe den Bahnsteig wischen. … Spätestens jetzt sind die Grenzen, die Wirklichkeit und Spiel im Theater meist klar von einander trennen, verwischt.
Wieder unten in der Halle, sehen plötzlich alle Leute wie gecastete und von versierten Kostümbildnern typengerecht gestylte Darsteller aus. Ein junges Junkiepaar zum Beispiel, das unter einer Anzeigetafel lungert: das könnte mühelos auch in einer Schaubühneninszenierung vorkommen. Aber nein, das Paar ist wohl echt, denn die Eskimohostessen ziehen stoisch an ihnen vorüber und steuern eine miefige Schließfachallee an, in die bald ein merkwürdiger überirdisch lächelnder junger Mann (Olaf Dröge) im Rollstuhl rollt. Aus einem der größeren Schließfächer windet sich dann tatsächlich eine echte Schaubühnenschauspielerin heraus, Christina Geiße, und spielt mit Dröge ein in unbeholfene Zärtlichkeitsrituale vertieftes Paar.
Und so geht es weiter, das Spiel mit den Wahrnehmungs- und Theatergewohnheiten. … Am Ende wirkt der Bahnhof Zoo wie verwandelt, die eigenen Wahrnehmungsraster gründlich aufgemischt – mehr, als man sonst oft aus dem Theater mit nach Hause nimmt.
(taz Berlin, 14.2.2007)
Am Bahnhof Zoo herrscht tote Hose. Doch jetzt kommt wieder Leben in den alten „Hauptbahnhof von Westberlin“. 19 junge Schauspieler sorgen für eine „Fort-Führung“. So heißt das ebenso verrückte wie nachdenkliche 75-Minuten- Stück. Das Ensemble „Oper Dynamo-West“ macht den Bahnhof zur Show-Bühne für ihr experimentelles Theater. Ob Wartehalle, Bahnsteig, Kantine, Gepäckfach, Sitzbank oder Auskunft – alles wird zur Bühne für Installationen, Sketche, Tänze und Monologe.
(B.Z., 12.02.2007)Ein inszenierter Stadtspaziergang
Die EIN_FÜHRUNG führte vom Bahnhof Zoo, über die Joachimstaler Straße und den Kurfürstendamm zur Bundesallee. In Form einer inszenierten Stadtführung wurden die Teilnehmer in kleinen Gruppen nachts durch die illuminierten Straßen geleitet. Hostessen führten das Publikum von Station zu Station. Dort warteten Darsteller, die Rollen typischer Protagonisten dieses Bezirks übernommen hatten. Die Geschichten dieser Figuren wurden aus Gesprächen, die Franziska Seeberg und Janina Janke zuvor mit realen Personen geführt hatten, ausgewählt und zusammen gestellt. Die Interviews gaben Einblick in den Arbeitsalltag und die Persönlichkeit der Porträtierten – die Realität der Umgebung verband sich mit der Fiktionalität der Darstellung.
The EIN_FÜHRUNG led from Bahnhof Zoo, via Joachimstaler Straße and Kurfürstendamm to Bundesallee. In the form of a directed guided city tour, the participants were guided in small groups through the illuminated streets at night. Hostesses led the audience from station to station. There were cast members who had taken roles of typical protagonists of this district. The stories of these characters were selected from interviews that Franziska Seeberg and Janina Janke had previously conducted with real people from the area around the Bahnhof Zoo. The interviews gave an insight into the everyday work and the personality of the portrayed – the reality of the environment was combined with the fictionality of the presentation.
Regie: Franziska Seeberg und Janina Janke
Interviews und Texte: Janina Janke, Franziska Seeberg, Oliver Spatz
Dramaturgie: Oliver Spatz und Julia Schreiner
Kostüme: Philine Rinnert und Julie Rüter
Klanginstallation: stefanpaul
Video- und Raumkonzept: Janina Janke, Philine Rinnert, Julie Rüter
Technik: Ralf Arndt
Kassiererin Ullrich Supermarkt: Ulrike Bindert
Verkäuferin Beate Uhse: Kirsten Burger
Mitarbeiterin Balayi Magazasi: Annekathrin Bach
Doorman Swisshotel: Martin Heesch
Polizist Synangoge: Michael Stoerzer
Sängerin Musikhochschule: Ruth Rosenfeld
Hostesse #1: Soo Eun Lee
Hostesse #2: Kaye Hoy-yan Tai
Hostesse #3: Hyo-Jin Shin
Hostesse #4: Jeonghong Park
Eine Produktion der Oper Dynamo West
Mit freundlicher Unterstützung von: Ullrich Supermarkt, Beate Uhse, Balayi Magazasi, Swisshotel und Stempelmeister.
Gefördert vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Berlin, Kulturamt.
Die Inszenierung der Oper Dynamo West wolle versuchen, „mit dem zunehmenden Leerstand in der City West“ künstlerisch umzugehen, sagt Regisseurin Frnziska Seeberg (…) Von Nostalgie will Seeberg, geboren in Tokio, nichts wissen. Sie sieht das Anliegen der Kunstaktion darin, die Berliner für eine schleichende Entwicklung zu sensibilisieren: „Dass es imm er stiller wird in und um die City West.“ Dabei habe diese nach wie vor ihre Qualitäten. Nicht nur als Ort, an dem Berliner und Touristen einkaufen, sondern auch historisch, architektonisch, kulturell. „Und es wird geprägt durch die Menschen, die dort leben und arbeiten.“
(Berliner Zeitung, 20.7.2006)
„Leerstand in den Glanzpalästen. Harald Juhnke ist tot. Brigitte Mira auch. Big Eden gehört nicht mehr Rolf. Die Lasershow im Zoopalast wird abgeschafft. Das Schillertheater liegt brach.“ So beschreibt die von Studenten gegründete Oper Dynamo Wehrst den Zustand rund um den Zoopalast. Oper Dynamo West will aber den Leerstand füllen, es führt Besucher bei einer Aufführung durch das abendliche West Berlin. Franziska Seeberg und Janina Janke haben Menschen, die in der Gegend um den Zoo leben und arbeiten, befragt; die halbstündigen Interviews kondensierten sie zu knapp 10-minütigen Texten, die sie nun von Schauspielerinnen und Schauspielern präsentieren und spielen lassen. Uniformierte Hostessen führen mit flottem Schritt die Besucherinnen und Besucher dieser ungewöhnlichen Theateraufführung von Ort zu Ort. Margit Miosga hatte, wie gesagt, einen ganz wunderbaren Abend, beispielsweise mit einer Sängerin, einer Verkäuferin bei Beate Uhse und der Kassenleiterin in einem Supermarkt.
(RBB Kulturradio, 22.7.2006)
Der Berliner Westen ist tot. Hoch soll er leben! Wie es um den Patienten wirklich steht, weiß man nicht. (…) Und wie immer, wenn Politik und Bürger auch nicht mehr weiter wissen, muss nun die Kunst ran. Das war schon so bei der kulturellen Zwischennutzung des Palastes der Republik so. Wie dem Pallazo Prozzo ergeht es jetzt auch dem einstigen Schaufenster des Berliner Westens. Die frisch gegründete Gruppe Oper Dynamo West hat es ernst genommen mit der Vor-Ort-Begehung, hat allen Unkenrufen zum trotz das ganz normale Westberlin gefunden. Was sie damit in Zukunft anstellen, bleibt abzuwarten. Die erste eigene Komplettinszenierung ist schon in Planung. Wir werden ihn im Auge behalten, den bis dahin, zumindest kulturell hoffentlich wieder wilden Westen.
(Berliner Morgenpost, 22.7.2006)
Komische Oper in einem Akt von Gian Carlo Menotti
Theater Halberstadt, 2005
Das Zoogehege als Äquivalent zum Bühnenraum. Inspiriert von Luis Buñuels „Gespenst der Freiheit“ beleuchtet die Inszenierung die Absurdität gesellschaftlicher Konventionen. Das Telefon als Symbol der modernen Kommunikation erscheint hier als ein Relikt aus der zivilisierten Welt. Und unter den Augen des Zuschauers verlieren Lucy und Ben zunehmend die Contenance.
The zoo enclosure as an equivalent to the stage area. Inspired by Luis Buñuel’s „The Phantom of Liberty“, the production sheds light on the absurdity of social conventions. The telephone as a symbol of modern communication appears here as a relic of the civilized world. And under the eyes of the audience, Lucy and Ben are increasingly losing their composure.
Lucy: Kerstin Pettersson
Ben: Ingo Walikowski
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Leitung: Daniel Linton-France
Ausstattung: Alrune Sera
Dramaturgie: Aud Merkel
Fotos: Benjamin Krieg
„Die Kammeroper wird in einem Bühnenraum inszeniert, der sich als Tierkäfig entpuppt, durch die das Publikum das Treiben betrachtet. Dieser zunächst verblüffende Ansatz erweist sich aber im Laufe der Inszenierung als außerordentlich funktionsfähig. Denn alle Figuren sind isoliert, emotional geschädigt, verkrüppelt, in ihren menschlichen Verhaltensweisen gestört, auf tierisches Niveau reduziert. (…) In den turbulent-komischen, tierisch gestylten Szenen ist jede Geste, jede mimische Nuance sorgfältig gesetzt.(…) Da zudem mit Pettersson und Wasikowski zwei gleich starke spielende und singende Kaliber im Käfig stehen, ist an/erregendes Theater garantiert.“
(Volksstimmer Halberstadt, 2.2.2006)
„Bald wird es deutlich, dass man sich vor dem Terrarium in einem Menschenzoo befindet. Kerstin Pettersson und Ingo Wasikowski als Lucy und Ben kriechen wie Leguane aufeinander zu, bevor Ben mit seinem ersten rezitativischen Versuch beginnt, seiner Angebeteten einen Heiratsantrag zu machen. (…) Er umkreist und beschnüffelt sie, er betatscht und ergreift sie. Natürlich, auch alle weiteren Versuche, den Heiratsantrag loszuwerden, scheitern durch weitere Anrufe. (…) So hat Franziska Seeberg einen rasanten und amüsanten Abend inszeniert.“
(Volksstimme Halberstadt, 31.1.2006)
„Doch die Inszenierung von Franziska Seeberg verunsichert im besten Sinne. Wesentlichen Anteil daran hat die Ausstattung von Alrune Sera, die den Zuschauer in ein überdimensioniertes Terrarium schauen lässt, in dem sich die Helden tummeln, schnüffeln, animalisch fressen, was per Futterluke reinrutscht oder wie ein geschundener Hund durch die Hofklappe verschwinden. Der Besucher-Trieb zum Voyeurismus wird bestens bedient.“
(Uwe Kraus, Halberstadt)
Oper von Christoph Wilibald Gluck
Klosterstift Neuzelle/Frankfurt Oder, 2005
Die Produktion entstand im Rahmen des Musikfestivals OperOderSpree und feierte ihre Premiere im Klosterstift Neuzelle. Die Aufführung, die unter freiem Himmel statt fand, integrierte die Geschichte von Orpheus und Eurydike in den Innenhof des Klosters. Die Architektur des Gebäudes wurde zu einem Teil der Inszenierung.
The production was created as part of the music festival OperOderSpree and celebrated its premiere in the cloister Neuzelle. The performance, which took place in the open air, integrated the story of Orpheus and Eurydice into the courtyard of the monastery. The architecture of the building became part of the staging.
Orpheus: Maja Hermann
Eurydike: Antonia Radneva
Amor: Anna Lichorowicz
Chor: Paula Rummel, Franziska Stoff, Christina Bischoff, Anja Hegen, Martin Hagen, Thomas Hartkopf, Jens Wentzel und Nico Brazda
Mit dem Neuen Bulgarischen Sinfonieorchester
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Leitung: Friedemann Seitzer
Kostüm & Bühnenbild: Janina Janke
Fotos: Benjamin Krieg
Eine Produktion des Festivals OperOderSpree
Gefördert aus Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg
Oper von Maurice Ravel
In einer Fassung von Franziska Seeberg & stefanpaul
Hochschule für Musik „Hanns Eisler“, 2004
Kind: Helena Köhne
Standuhr, Baum, Tier: Eloi Prat i Morgades
Teetasse, Tier: Bonnie Cameron
Teekanne, Baum, Tier: Christian Schossig
Prinzessin, Tier: Katharina Göres
Leiter der Experimente: Horst Moye
Klavier: stefanpaul und Anja Götze
Regie: Franziska Seeberg
Musikalische Leitung: stefanpaul
Ausstattung: Janina Janke
Experimente: Thilo Gödel
Fotos: Benjamin Krieg